Mindestlohn für Azubis
Bringt das was?
2018-06-11T21:16:51+02:00

Euer Azubigehalt ist ein Witz, mit dem ihr kaum über die Runden kommt? Mit knapper Entlohnung seid ihr nicht allein, vielen Azubis geht es so. Doch damit könnte bald Schluss sein, denn die Regierung erwägt einen Mindestlohn in der Ausbildung einzuführen.
Hilfe, wir stecken in einer Azubi-Krise
Azubi-Krise, Lehrlingsmangel, Passungsprobleme; Begriffe wie diese geistern immer wieder durch die Medien, denn seit Jahren wächst die Zahl der Ausbildungsplätze, für die sich keine Lehrlinge finden. Aktuell liegt die Zahl an unbesetzten Ausbildungsplätzen so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Zwischen Oktober 2016 und September 2017 konnte jeder dritte Ausbildungsplatz nicht besetzt werden, es blieben 48.900 Lehrstellen offen. Das Problem hat mehrere Gründe:
- Arbeitgeber bevorzugen Abiturienten und Realschulabgänger und geben Bewerbern mit Hauptschulabschluss seltener eine Chance.
- Eltern und Lehrer empfehlen Schülern einen möglichst hohen Bildungsabschluss zu erlangen, folglich entscheiden sich immer mehr junge Menschen für ein Studium.
- Die Bezahlung in zahlreichen Ausbildungsberufen ist zu niedrig.
Schaut man genauer hin, ist der Punkt der geringen Ausbildungsvergütung von großer Bedeutung. Denn ausgerechnet die Jobs mit dem geringsten Azubigehalt haben den größten Nachwuchsmangel. Konkretes Beispiel: Fleischer/in; im ersten Lehrjahr beträgt der Azubi-Verdienst in einem Ost-Bundesland 310 Euro. Das katapultiert diesen Ausbildungsberuf auf Platz 2 der Jobs mit den meisten offenen Lehrstellen in Deutschland. Daran könnte sich zukünftig etwas ändern, denn es wird ernsthaft über einen Mindestlohn in der Ausbildung diskutiert. Die Gewerkschaft unterstützt das Vorhaben.

Mindestlohn in der Ausbildung: Wie könnte ein Mindestlohn helfen?
Als angehende Fachkraft für Schutz und Sicherheit (Ost) müssen 500 Euro reichen, um über die Runden zu kommen. Als Friseur/in liegt der Verdienst bundesweit bei 406 Euro. Davon ein selbstständiges Leben zu führen, ist schwer bis unmöglich. Durch einen Mindestlohn in der Ausbildung ließe sich die Situation vieler Azubis verbessern. Wie das genau aussehen könnte, hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) überlegt. Die Gewerkschaft empfiehlt, jedem Azubi 80 Prozent der durchschnittlichen Tarifvergütung aller Berufe zu zahlen. Damit würden Auszubildende mindestens
- 635 Euro im ersten Lehrjahr;
- 696 Euro im zweiten Jahr;
- 768 Euro im dritten Lehrjahr;
- und 796 Euro im vierten Jahr erhalten.
Solche Zahlen dürften viele Azubis freuen - für angehende Fleischer, Friseure und Sicherheitsleute wäre das ein großer finanzieller Zugewinn. Und der Mindestlohn könnte bei der Bewältigung der Azubi-Krise helfen. Denn das knappe Geld ist auch ein Grund dafür, warum viele Lehrstellen unbesetzt und zahlreiche Ausbildungen vor dem Abschluss abgebrochen werden. Die Abbruchquoten bei Fachkräften für Schutz und Sicherheit und Friseuren liegen sehr hoch. Bessere Einkommensverhältnisse könnten mehr Azubis in der Ausbildung halten.
Dass sich die Regierung an der 80-Prozent-Empfehlung orientieren wird, ist nicht sicher. Es wäre auch denkbar, dass eine Mindestvergütung für das erste Lehrjahr in Höhe von 500 Euro, 550 Euro oder 600 Euro beschlossen wird.
Wann wird der Mindestlohn in der Ausbildung eingeführt?
Noch ist nichts beschlossene Sache, bisher ist das Vorhaben nur in Planung. Hinter den Kulissen informieren und beraten sich die Politiker noch, zum 1. August 2019 soll das Gesetz zum Mindestlohn in der Ausbildung beschlossen werden. In Kraft treten würde es zum 1. Januar 2020.
Fazit
Die knappe Ausbildungsvergütung in so manchem Beruf schreckt viele Jugendliche ab und Lehrstellen bleiben deshalb unbesetzt. Ein Mindestlohn in der Ausbildung könnte daran etwas ändern. Auch in vergleichsweise besser bezahlten Jobs könnte der Verdienst steigen, wenn die Regierung sich an die Mindestlohn-Empfehlung der Gewerkschaft hält. Insgesamt gibt es momentan 1,34 Millionen Auszubildende, und viele von ihnen könnten vom Mindestlohn profitieren.
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