Verletzlichkeit als Karriere-Booster oder doch nur Heulsuse?
Der Spagat zwischen Stärke und Schwäche
2023-02-06T10:56:38+01:00
Verletzlichkeit ist ein schwieriges Thema, vor allem im beruflichen Kontext. Für unsere Karriere möchten wir stark und souverän wirken, doch manchmal ist es von Vorteil, unsere Schwächen zu zeigen. Kann Verletzlichkeit als Karriere-Booster dienen? Und wie meisterst du den Spagat zwischen Stärke und Schwäche? In diesem Blogartikel klären wir diese Fragen und sehen uns an, wie Verletzlichkeit helfen kann, authentischer zu sein, tiefere Beziehungen aufzubauen und uns selbst und andere besser zu verstehen.
Emotionen bei der Arbeit: schwierig – aber warum?
Emotionen gelten in der Arbeitsumgebung als schwierig oder sogar unangebracht. Der Grund ist, dass sie als etwas betrachtet werden, das die Professionalität und die Fähigkeit beeinträchtigt, rationale Entscheidungen zu treffen. Auch wird angenommen, dass Emotionen einen daran hindern, objektiv zu sein. Zudem herrscht das stereotype Denken, dass Emotionen nur etwas für Frauen und sie bei Männern unangemessen sind. Emotionale Mitarbeiter werden als "zu emotional" oder "unprofessionell" betrachtet, was dazu führt, dass viele sich in ihrer Arbeitsumgebung zurückhalten und ihre Emotionen verstecken.

Emotionen sind menschlich!
Bei all den Vorurteilen sollten wir nicht vergessen, dass Emotionen eines sind: menschlich. Emotionen und Arbeit voneinander zu trennen, ist allein deshalb schwierig, weil Emotionen ein natürlicher Teil unserer menschlichen Erfahrung sind und uns beeinflussen, wie wir uns in verschiedenen Situationen verhalten. Die Arbeit ist ein großer Teil unseres Lebens und auch sie selbst beeinflusst uns emotional und mental. Da ist es schwer, die Emotionen, die aus der Arbeit resultieren, zu unterdrücken oder vollständig auszuschalten. Auch die Art der Arbeit und die Umgebung, in der du arbeitest, können dazu beitragen, dass es schwer ist, Emotionen und Arbeit zu trennen. Einige Berufe erfordern z. B., schnell und unter Stress Entscheidungen zu treffen, in anderen Berufen arbeiten Menschen mit anderen Menschen zusammen, die in Not sind. Das kann eine starke emotionale Reaktion hervorrufen.
Außerdem ist es nicht realistisch, dass du jeden Tag von morgens bis abends zu bestimmten Uhrzeiten nur funktionierst und alles Menschliche, alle Emotionen, auf Kommando ausknipst. Warum? Du bist ein Mensch. Und als solcher können dir Streitigkeiten, finanzielle Sorgen und Krankheit zu schaffen machen und sich ggf. zeitweise auf deine Arbeit auswirken.
Schmilzt der Eisblock langsam dahin?
Tatsächlich spricht vieles dafür, dass Arbeitgeber und Unternehmen erkennen, dass Emotionen zum Menschsein und damit zur Arbeitsumgebung dazugehören. Sollten Arbeitnehmer früher wie Maschinen funktionieren – emotionslos und zuverlässig –, zeichnet sich heute ein Trend vom Eisblock Richtung Eis am Stiel ab.
Der Grund ist, dass sich viele junge Arbeitnehmer mehr Menschlichkeit in ihrer Arbeitsumgebung wünschen, um sich entfalten und wohlfühlen zu können. Das sture Arbeiten nach Eisblockmanier hat ausgedient. Aufgrund des Fachkräftemangels und des Generationenwechsels sind Unternehmen dazu gezwungen, umzudenken. Zwar sind wir noch lange nicht beim Softeis angelangt, doch das Eis beginnt ganz klar zu bröckeln. Stellt sich nur die Frage: Wie viel Softie ist erwünscht? Ist zu viel Verletzlichkeit schädlich?

Der Spagat zwischen Stärke und Schwäche
Verletzlichkeit im Job heißt, dass du all deine Emotionen, Meinungen, Wünsche und Träume vollkommen offen kommunizierst. Vollkommen verletzlich zu sein heißt, du selbst und ein offenes Buch für andere zu sein. Und genau hier beginnt die Grenze, die die Arbeit der Verletzlichkeit setzt. Denn so offen kannst und solltest du auf der Arbeit nicht sein, allein deshalb, weil deine Kollegen und dein Chef nicht deine engsten Freunde sind, denen du alles sagen kannst, was du willst.
Bis zu dieser Grenze kannst du teilen, was du möchtest. Berufs- und Privatleben komplett zu trennen, ist heute nicht mehr nötig. Ein bisschen Verletzlichkeit macht dich sympathisch und du wirst gerne als Teammitglied gesehen. Empathie wird im beruflichen Kontext immer wichtiger, sodass ein wenig davon sicherlich nicht schadet. Entscheidend ist es, das richtige Maß an Verletzlichkeit zu zeigen, um nicht als schwach rüberzukommen. Ein bisschen Verletzlichkeit macht dich authentisch, empathisch und beliebt, was dir hervorragende Karriereperspektiven bietet. In Ordnung ist es zum Beispiel, dass du dir Fehler eingestehen und dich dafür entschuldigen kannst, ohne an Respekt einzubüßen. Zeigst du dagegen zu viel Verletzlichkeit, kann das schnell zum Problem werden, beispielsweise, wenn du über persönliche Probleme erzählst oder regelmäßig in Tränen ausbrichst.
Fazit
Verletzlichkeit ist menschlich. Im richtigen Maße kann sie dich sympathisch machen und dir zu Beliebtheit bei Kollegen und Führungskräften verhelfen und dadurch sogar ein echter Karriere-Booster sein. Achte darauf, sie wohldosiert einzusetzen, um menschlich und dennoch professionell zu sein. Andernfalls könntest du den Respekt anderer verlieren. Am besten gehst du Schritt für Schritt vor und zeigst nicht zu Beginn alles von dir. Probiere einfach aus, wie es ankommt, wenn du nach und nach ein paar Emotionen mehr zeigst. Finde dafür einen Arbeitsplatz, der es dir erlaubt, dein Ich zu präsentieren, ohne dass du all deine Emotionen unterdrücken musst.