Regenbogen
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Pro und Contra

Gendergerechte Sprache an der Hochschule

Nahezu jede Uni und Hochschule hat das Thema gendergerechte Sprache mittlerweile ganz oben auf der Agenda. bigKARRIERE beleuchtet Pro und Contra.

Wir müssen reden. Und zwar über eure Ausdrucksweise. War eure letzte Hausarbeit sprachlich sauber und gendertechnisch korrekt? Inzwischen besitzt fast jede Hochschule einen eigenen Leitfaden zum Thema gendergerechte Sprache. Während in der Vergangenheit Hinweise zum Verzicht auf die Nennung der weiblichen Form in wissenschaftlichen Texten akzeptiert wurden, pochen inzwischen immer mehr Professorinnen und Professoren auf gendersensible Formulierungen. An Unis in Berlin und Hamburg kann es sogar Punktabzug geben, wenn ihr nur das generische Maskulinum verwendet. Zugegeben, ein bisschen anstrengend kann die Auseinandersetzung mit geschlechtergerechten Formulierungen schon sein, wenn man sich gerade mit der Fertigstellung der Hausarbeit abquält. Also brauchen wir gendergerechte Sprache an der Hochschule wirklich: Ja oder Nein?

Pro geschlechtergerechte Sprache

Weil die Sprache historisch-gesellschaftliche Entwicklungen und Machtverhältnisse widerspiegelt, bevorzugt sie hierzulande die Männer. Bestrebungen zur sprachlichen Sichtbarmachung aller Geschlechter gibt es bereits seit den 1970er-Jahren. Das Argument dafür: Durch die Benutzung des generischen Maskulinums werden tradierte Normen und Werte weiter transportiert, die in der modernen Gesellschaft so nicht mehr haltbar sind. Denn Sprache ist kein neutrales Werkzeug, sie beeinflusst unser Denken.

Kleines Beispiel: Werden Versuchspersonen nach ihrem Lieblingsmusiker gefragt, finden sich unter den favorisierten Künstlern kaum Frauen. Erst wenn nach MusikerInnen gefragt wird, steigt der Frauenanteil signifikant. Auch beim Lesen eines Artikels über Sportler oder Vegetarier entsteht im Kopf das Bild einer männlichen Gruppe, obwohl man eigentlich weiß, dass der Text Frauen mit meint. Diese Phänomene wurden in wissenschaftlichen Studien dokumentiert. Weitere Untersuchungen beweisen, dass Frauen sich tatsächlich stärker angesprochen fühlen, wenn gendergerechte Sprache verwendet wird.

Pronomen
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Genug gegendert! Das Contra zur sprachlichen Gleichbehandlung von Männern und Frauen

Wird ein prominenter Text im "generischen Femininum" verfasst, schlägt das hohe Wellen. Da wird erhitzt debattiert, kritisiert oder gar gespottet. Und selbst bei sensibleren gendergerechten Formulierungen regt sich beständig Widerspruch. Folgende Argumente stecken hinter der Ablehnung:

1. Das "generische Maskulinum" sei etabliert und Sprache lasse sich nicht einfach so verändern. Zudem sei jedem klar, dass Frauen automatisch mitgemeint seien.

2. Gendergerechte Sprache sei umständlich und behinderte die Lesbarkeit.

3. Geschlechtergerechte Formulierungen ließen sich nur schwer aus der Schriftsprache in die gesprochene Sprache übertragen.

4. Sprachliche Kosmetik ändere die bestehende Ungleichheit nicht.

5. Den gängigen Lösungen, dem Binnen-I (LeserInnen) und der Beidnennung (Leser und Leserinnen), läge die Annahme der Zweigeschlechtlichkeit zugrunde.

Fazit: So sinnvoll ist sprachliche Sensibilität

Momentan klingt gegenderte Sprache seltsam und fremdartig. Das liegt daran, dass unsere Alltagssprache bisher nicht so ist. Studien zeigen jedoch, dass weder Lesbarkeit noch Verständlichkeit durch gendergerechte Sprache negativ beeinflusst werden. Unsere Sprache ändert sich ständig und eine präzise Ausdrucksweise ist insbesondere in der Wissenschaft und an der Hochschule wichtig. Beim gendersensiblen Schreiben geht es aber um mehr, als nur das Mittel der sprachlichen Darstellung (Gender Gap (Leser_innen) und Asterisk (Leser*innen) werden jedoch favorisiert, weil sie auch Personen einschließen, die nicht ins Frau-Mann-Schema hineinpassen. Orientiert euch im Zweifelsfall am Leitfaden eurer Hochschule!). Mit Übung und Geduld ist gendergerechte Sprache erlernbar und klingt normal. Ihre Verwendung führt natürlich nicht sofort zur Gleichberechtigung aller Menschen, begünstigt aber einen Perspektivenwechsel. Es spricht also nichts dagegen, den Sprachwandel bewusst in eine Richtung zu lenken, die allen Geschlechtern gerecht wird.