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Krank im Homeoffice: Abrackern statt auskurieren

Warum viele krank von zu Hause arbeiten

Bild Foto: tima miroshnichenko / Pexels
Foto: tima miroshnichenko / Pexels

“Ach, so schlimm ist die Erkältung gar nicht. Hier kann ich niemanden anstecken und ich kann ja trotzdem arbeiten.” So oder so ähnlich läuft im Kopf vieler Menschen der Monolog ab, wenn es um die Frage geht, ob sie trotz Krankheit im Homeoffice arbeiten sollten. Oft geht es dabei um ein Gefühl von Pflichtbewusstsein: Das Team soll nicht im Stich gelassen werden oder es stehen noch wichtige Deadlines an, die zu erfüllen sind – Laufnase, Husten und Schmirgelpapier im Hals zum Trotz. Dabei ist der Hang zur Arbeit trotz Krankheit im Homeoffice nochmal ausgeprägter als bei der Präsenzarbeit im Büro – das besagt zumindest das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage der Techniker Krankenkasse, durchgeführt im März 2022: Jede zweite Person arbeitet demnach krank aus dem Homeoffice, während nur knapp jeder vierte Mensch krank ins Büro kommt.

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Krank im Homeoffice? So löst du dich davon / Foto: polina tankilevitch / Pexels

Stehst du dir auf dem Weg zur Genesung selbst im Weg?

Das Phänomen, trotz Krankheit arbeiten zu wollen, hat längst einen wissenschaftlichen Namen: Präsentismus. Problematisch bei der Beantwortung der Frage, ob du trotz Erkrankung arbeiten willst, ist vor allem die Tatsache, dass sich dabei verschiedene Ziele und Wünsche im Weg stehen: Das Ziel, möglichst bald wieder gesund zu werden, ist schlecht vereinbar mit dem Wunsch, den Kolleginnen und Kollegen keine zusätzliche Last aufzubürden oder nicht zu weit bei aktuellen Aufgaben zurückzufallen. Dabei verbindet die Entscheidung, tatsächlich krank zu arbeiten, in vielen Fällen nur die schlechten Elemente beider Seiten: Die Arbeit läuft (je nach Schwere der Erkrankung) deutlich weniger effizient ab und die Genesung dauert länger, weil die eigentlich notwendige Schonung wegfällt. Die Folge ist dann trotz aller Bemühungen ein schlechtes Gewissen, das sich mit jeder neuen Erfahrung dieser Art verstärkt.

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Stehst du dir auf dem Weg zur Genesung selbst im Weg? Foto: ivan samkov / Pexels

Wie triffst du die richtige Entscheidung?

Am wichtigsten ist es, das schlechte Gewissen in dieser Frage konsequent abzustellen. Dafür kannst du zum Beispiel mit deinem Team sprechen und fragen, wie sie diese Entscheidung handhaben würden. Am besten ist es, wenn sich die Kultur etabliert, dass im Krankheitsfall einander geholfen wird und Aufgaben (nach Möglichkeit) übernommen werden. Gemeinsam könnt ihr an die zuständigen Führungskräfte im Unternehmen herantreten und einen Lösungsvorschlag präsentieren. Zur Förderung der besagten Kultur ist es zudem hilfreich, wenn die Führungskräfte in dieser Frage selbst mit gutem Beispiel vorangehen und sich selbst bei Krankheit die notwendige Erholung gönnen. Ist das nicht der Fall, fassen dies die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft als Signal auf, dass sie selbst krank aus dem Homeoffice arbeiten müssen. Vielleicht hilft dir auch die Tatsache, dass sich durch das Arbeiten im Homeoffice die Gefahr einer verschleppten Erkrankung deutlich steigert, ein aufkommendes schlechtes Gewissen zu vermeiden.

Übrigens: Dein Arbeitgeber darf dich nicht verpflichten, krank aus dem Homeoffice zu arbeiten. Allerdings gelten bei Krankmeldung die gleichen rechtlichen Bestimmungen wie bei der Präsenzarbeit im Büro. Das heißt: Ein ärztliches Attest ist spätestens ab dem dritten Krankheitstag verpflichtend. Manche Unternehmen verlangen die sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sogar bereits ab dem ersten Tag. Im Zweifel hilft hier ein Blick in den Arbeitsvertrag. Hast du diesen gerade nicht zur Hand, frage lieber nach oder konsultiere deinen Guide aus dem Onboarding, den du für die Einarbeitung bekommen hast. Dort sind die aktuellen Bestimmungen häufig festgehalten.

So lernst du, den Stress loszulassen

Häufig ist der Antrieb, trotz Krankheit im Homeoffice zu arbeiten, dass im Job ohnehin schon zu viel Stress herrscht. Vielleicht nimmst du solche Dinge sehr persönlich und setzt dich bei jeder Verzögerung im Arbeitsablauf oder jeder Frage neuem Stress aus. Hier haben wir den Tipp für dich, einfach die Vogelperspektive zu adoptieren. Das funktioniert wie eine Art Mantra. “Ich kann an der aktuellen Situation nichts mehr ändern. Wenn ich mich jetzt aufrege, wird es eher schlimmer statt besser.” Auch etwas “Me-Time” kann helfen, den Stress eines langen Arbeitstages zu reduzieren und im Anschluss effektiver zu arbeiten: Auschecken, fünf bis zehn Minuten um den Block gehen, weitermachen. Das hilft besonders, wenn dir im Homeoffice ohnehin schon die Decke auf den Kopf fällt. In der Zeit kannst du außerdem kurz stoßlüften – die frische Luft hilft beim Denken.

Spürst du, dass die Arbeit und wenig anderes deinen Alltag bestimmt, starte ein Kontrastprogramm. Das kann Sport, Musik oder jedes andere alte oder neue Interesse sein, das du hast. Widme dich dem ganz bewusst und nutze die Zeit, um dich zu entspannen. Versuche auf keinen Fall krampfhaft, Spaß und Freude zu empfinden. So erzeugst du höchstens den gegenteiligen Effekt und machst dir Stress statt Spaß.

Fazit

Ein Geheimrezept, die Arbeit bei Krankheit loslassen zu können, gibt es nicht. Wohl aber viele kleine Schritte, die dir helfen, dieses Ziel zu erreichen. Sei es, weil du dir selbst weniger Stress machst oder weil es funktionierende Absprachen in deinem Team gibt. Klar ist einzig und allein: Den Anstoß dazu, bei Krankheit vernünftig zu regenerieren und dich dabei gut (oder zumindest nicht noch schlechter) zu fühlen, kannst du dir in den allermeisten Fällen nur selbst geben.

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