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Muss ich im Urlaub erreichbar sein?

Das gilt an Feiertagen, Feierabend und Urlaub

Bild Foto: bruno gomiero / unsplash
Foto: bruno gomiero / unsplash

Musst du während deines Urlaubs oder nach Feierabend für deine Vorgesetzten erreichbar sein? Diese Frage hast du dir vielleicht auch schon gestellt – spätestens dann, wenn das Telefon klingelt und du eine Nummer auf dem Display siehst, die eigentlich fest in dein Arbeits- statt in dein Privatleben gehört. Im Zeitalter von Handy, Mail-Apps und Co. ist ständige Erreichbarkeit die Norm geworden. Umso wichtiger ist es für dich, in diesem Bereich die Grenzen zu kennen und an diesen festzuhalten. Wir zeigen dir, wie die Rechtslage aussieht und ob du Chef oder Chefin im Urlaub oder nach Feierabend guten Gewissens ignorieren kannst.

Ständige Erreichbarkeit im Urlaub? Große Unterschiede in Europa

Vielen Beschäftigten fällt es schwer, im Urlaub den Job zu vergessen und abzuschalten. Laut einer aktuellen Umfrage sind im Durchschnitt knapp ein Drittel der befragten Büroarbeitenden aus insgesamt zehn europäischen Ländern auch im Urlaub für die Arbeit erreichbar. Dabei gibt es jedoch innerhalb Europas große Unterschiede: In Deutschland beantworten unter den Befragten lediglich 23 Prozent Telefonate und E-Mails. In Norwegen verdoppelt sich dieser Wert prozentual gesehen fast: 45 Prozent der Befragten bleiben dort auch im Urlaub grundsätzlich für den Job erreichbar.  Dazu passt, dass 36 Prozent der Teilnehmenden aus Norwegen laut eigenen Angaben Probleme hatten, im Urlaub mental abzuschalten.

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Erreichbarkeit im Urlaub: Das gilt für dich / Foto: karolina grabowska / Pexels

Erreichbarkeit nach Feierabend: Was sagen die Arbeitszeiten?

In Deutschland ist die maximale Arbeitszeit pro Tag relativ klar geregelt – zumindest auf den ersten Blick. Maximal acht Stunden am Tag darfst du werktags arbeiten, so das Arbeitszeitgesetz. Diese acht Stunden können aber bei Bedarf auf maximal zehn Stunden verlängert werden, solange der Durchschnitt über einen Zeitraum von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen die besagten acht Stunden nicht überschreitet. Eine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit auch nach Feierabend darf also kein Chef von dir verlangen – entsprechende Klauseln in Arbeitsverträgen sind rechtlich in der Regel nicht zulässig.

Erreichbarkeit im Urlaub: Blick in den Arbeitsvertrag werfen

Urlaub heißt grundsätzlich, dass du als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin nicht verpflichtet bist, Anrufe anzunehmen oder Mails zu beantworten, die mit der Arbeit zu tun haben. Urlaubszeit ist arbeitsfreie Zeit. Eine mögliche Ausnahme liegt im Unterschied zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und den vom Unternehmen freiwillig gewährten Urlaubstagen. Der Mindesturlaub beträgt pro volles Kalenderjahr 24 Tage. Gewährt der Arbeitgeber zusätzlichen Urlaub, beispielsweise 28 oder 30 Gesamturlaubstage, können für diese zusätzlichen Tage vertraglich andere Regelungen bezüglich der Erreichbarkeit vereinbart werden. Hier hilft ein Blick in den Arbeitsvertrag, um festzustellen, was vereinbart wurde.

In Absprache mit dem Unternehmen ist es natürlich trotzdem möglich, bestimmte Regelungen für die Erreichbarkeit zu vereinbaren, zum Beispiel für Notfälle oder wichtige Projekte. Diese Ausnahmen sollten beide Parteien schriftlich festhalten, um im Zweifelsfall eine rechtliche Absicherung zu besitzen. Solche Ausnahmen sind besonders bei Führungskräften verbreitet – beispielsweise um sicherzustellen, dass die Entscheidungsfähigkeit auch während der Urlaubszeit intakt bleibt.

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Ständige Erreichbarkeit im Urlaub? Große Unterschiede in Europa / Foto: Pixabay / Pexels

Sonn- und Feiertage: nur wenige Ausnahmen bei Berufsgruppen

Sonn- und Feiertage gelten für die meisten Arbeitnehmenden als allgemeine Ruhe- und Erholungszeiten – und das wird vom Arbeitszeitgesetz gedeckt. Von 0 bis 24 Uhr ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen in den meisten Berufsgruppen nicht erlaubt. Anders sieht es für viele kritisch wichtige Angestellte bei Feuerwehren oder in Krankenhäusern aus. Die einzige Ausnahme von dieser Regel greift, wenn eine Arbeit nicht werktags erledigt werden kann, also zum Beispiel an einem bestimmten Tag erledigt werden muss. Für diesen Fall gibt es den Feiertagszuschlag.

Kann bei mangelnder Erreichbarkeit eine Kündigung ausgesprochen werden?

Wie oben schon festgehalten, besteht außerhalb der festgelegten Arbeitszeiten keine Verpflichtung, für das Unternehmen, Vorgesetzte oder Teammitglieder erreichbar zu sein. Eine Kündigung aus diesem Grund wäre also unwirksam. Einzig, wenn im Arbeitsvertrag bestimmte Pflichten zur Erreichbarkeit rechtlich sicher vereinbart wurden, zum Beispiel im Rahmen der genannten zusätzlichen Urlaubstage, kann eine Kündigung ausgesprochen werden – vorausgesetzt, es wurde zuvor bereits eine Abmahnung aus diesem Grund ausgesprochen. In dieser muss der Arbeitgeber festhalten, dass bei wiederholtem Verstoß mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist.

Zusätzlich zu den nationalen Regelungen, zum Beispiel im deutschen Arbeitszeitgesetz, ist für die Zukunft ein EU-weites Recht auf Nichterreichbarkeit geplant. Dieses soll festhalten, dass Dienstgeräte ausbleiben und eingehende Telefonate, Mails oder Nachrichten über andere digitale Kommunikationswege außerhalb der Arbeitszeiten nicht beantwortet werden müssen. Zudem dürfen die Arbeitnehmenden auf dieser Basis zukünftig nicht schlechter behandelt oder unternehmensintern an den Pranger gestellt werden.

Fazit

Ständige Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten oder im Urlaub verhindert für viele Menschen, dass sie außerhalb des Jobs vollständig abschalten können. Das erschwert Möglichkeiten zur Entspannung, die Rücksichtnahme auf die eigenen Bedürfnisse und sabotiert die Chance, größere Achtsamkeit für Dinge außerhalb der Arbeit zu zeigen. In den meisten Fällen gibt es glücklicherweise sehr spezifische Regelungen, wann Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten gegeben sein muss und wann du nicht zum Annehmen eines Anrufs oder zur Beantwortung einer Nachricht verpflichtet bist. Diese sind in der Regel in deinem Arbeitsvertrag festgehalten. Denkst du, dass diese Regelungen rechtlich fragwürdig sind, solltest du dir in jedem Fall rechtliche Hilfe suchen – zum Beispiel bei Arbeitnehmerhilfe-Vereinen. Dort erhältst du eine Beratung, die dir deine Fragen beantwortet.

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