Sich über den Chef hinwegsetzen
Eine Gratwanderung zwischen Mut und Kündigung
2023-02-18T11:45:36+01:00
Über die Jahre erhält jeder eine Masse an Karrieretipps und je länger du arbeitest, desto mehr werden es – aber nicht alle sind wirklich hilfreich. Besonders Menschen, die lange in der Arbeitswelt unterwegs sind, geben Anfängern gerne den ein oder anderen Tipp mit auf den Weg. Einige davon können dich in deiner Karriere weiterbringen, andere können deine Kündigung bedeuten. “Setz dich über deinen Chef hinweg” ist einer dieser Sätze, der dazu beitragen kann, dass du gefeuert wirst. Wir erklären dir, warum dir dieser Tipp gefährlich werden kann.

Über den Chef hinwegsetzen: Ein nicht so harmloser Tipp
Dir wurde dieser glorreiche Tipp bestimmt auch schon einmal gegeben: “Setz dich über deinen Chef hinweg”. Nicht alle Vorgesetzten sind daran interessiert, ihre Angestellten zu fördern und weiterzubringen. Das kann unter anderem daran liegen, dass sie manche Angestellten eher als Konkurrenz und nicht als Person sehen, für die sie verantwortlich sind. Aber ist das bereits ein Grund, um sich über den Chef hinwegzusetzen? Kündigung oder ein Schritt auf der Karriereleiter – es kann verschiedene negative und positive Auswirkungen haben, wenn du dich über deine Führungskraft hinwegsetzt. Aus diesem Grund ist es wichtig, die perfekte Balance zwischen über den Chef hinwegsetzen und Rücksprache halten zu finden.
Initiative ergreifen und beeindrucken
Auf der positiven Seite des Ganzen kann dein Ergreifen von Maßnahmen, ohne dass du diese vorab mit deinem Chef oder deiner Chefin abgeklärt hast, für andere bedeuten, dass du Initiative zeigst und Führungsstärke beweist. Wenn es gut läuft, heißt das, dass du deine Kollegen, Kolleginnen und Führungskräfte durch dein Verhalten beeindruckst. Du übernimmst mit deinem Verhalten die Kontrolle über die Situation oder die Verantwortung über eine Entscheidung, dass du dabei ohne die Zustimmung deines oder deiner Vorgesetzten agierst, kann als mutig und durchsetzungsfähig angesehen werden. Die Betonung liegt hier auf “kann”. Oft werden andere nur so über dich denken, wenn deine Entscheidung richtig und erfolgreich war.
Entdeckst du in einem wichtigen Projekt einen Fehler, der von deiner Führungskraft übersehen wurde und besserst diesen aus – ohne die Rücksprache mit deinem Chef oder deiner Chefin –, kann das Lob bedeuten. Wieder die Betonung auf “kann”. Der Tipp, sich “Über den Chef hinwegsetzen”, ist nur dann von Erfolg gekrönt, wenn die ergriffene Maßnahme erfolgreich war. Hast du ohne die Zustimmung des Chefs oder der Chefin gehandelt und es stellt sich als Fehlentscheidung heraus, trägst du nicht nur die volle Verantwortung, sondern du wirst zusätzlich die negativen Folgen deines Verhaltens in der Beziehung zu deiner Führungsperson spüren.
Konflikte vorprogrammiert?
Aber nicht immer endet so ein Verhalten mit Lob. Andere können dein Verhalten als respektlos, unangemessen und grenzüberschreitend wahrnehmen. Läuft es ganz schlecht, fühlt sich deine Führungskraft übergangen und untergraben. So kann das Ergreifen einer Maßnahme ohne die Rücksprache und Zustimmung dazu führen, dass dein Vorgesetzter oder deine Vorgesetzte verärgert ist. Auf der negativen Seite kann dein Verhalten also dazu führen, dass Konflikte und Spannungen zwischen dir und deinem Chef oder deiner Chefin entstehen – oder verstärkt werden, wenn ihr euch davor schon nicht versteht.
Eine angespannte Stimmung in der Kommunikation, Konflikte und ein mangelndes Vertrauen können die Folgen sein, wenn du den Tipp “Setz dich über deinen Chef hinweg” befolgst. Diese Spannungen und Konflikte sind Gift für die Beziehung zu deiner Führungskraft. Eine geschädigte Beziehung zwischen dir und deinem oder deiner Vorgesetzten kann deine Karrierechancen beeinträchtigen und möglicherweise sogar das Karriere-Aus für dich bedeuten.
Vielleicht fühlt sich deine Führungsperson in ihrer Stellung und Position bedroht, weil du keine Rücksprache mit ihm oder ihr gehalten hast, bevor du deine Entscheidungen getroffen und deine Maßnahmen in die Tat umgesetzt hast. Das kann dazu führen, dass die Verantwortlichkeiten weggenommen werden oder deine Arbeit nun detailliert kontrolliert wird, damit du nicht wieder ohne Zustimmung handelst.
Disziplinarische Maßnahmen und ein geschädigter Ruf können im schlimmsten Fall die Folge deines Verhaltens sein. Schadet deine Entscheidung dem Unternehmen oder verstößt sogar gegen Richtlinien, wird dein Vorgesetzter oder deine Vorgesetzte dich dem Management oder dem zuständigen Bereich der Firma melden. Dann kommt es darauf an, wie schwer dein Verstoß war und ob es zu einer Verwarnung oder sogar einer Kündigung kommt. Nehmen deine Kolleginnen und Kollegen dein Verhalten als respektlos und unangemessen wahr, kann das zusätzlich deinem Ruf unter den Angestellten schaden. Charaktermerkmale wie unprofessionell, aufsässig, nicht vertrauenswürdig oder unkollegial werden dann mit dir in Verbindung gebracht. Dein Verhalten kann sich also nicht nur auf die Beziehung zu deiner Führungskraft auswirken, sondern auch auf die zwischen dir und deinen Kollegen und Kolleginnen. Besonders wenn du dich häufiger über deinen Chef hinwegsetzt, kann es sein, dass zusätzlich die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen darunter leidet.

Fazit
Der Tipp, deinen Chef zu übergehen, kann Auswirkungen auf deine Karrierechancen haben und unter Umständen das Aus im Unternehmen für dich bedeuten. Ergreifst du Maßnahmen, ohne Zustimmung vom Chef einzuholen, kann das einerseits positiv sein und Initiative sowie Führungsstärke zeigen. Auf der anderen Seite können Spannungen und Konflikte entstehen. Im schlimmsten Fall kann sogar dein Ruf zerstört werden oder disziplinarische Maßnahmen folgen, die dein Karriere-Aus bedeuten können. Du solltest also, bevor du eine solche Entscheidung triffst, sorgfältig abwägen, welche möglichen Folgen dein Handeln haben kann.
Bei jedem Karrieretipp solltest du, bevor du ihn umsetzt, darüber nachdenken, ob er deinen Moralvorstellungen entspricht. Es geht in der Arbeitswelt schließlich immer noch um Empathie, Menschenkenntnis und Zusammenarbeit.