Studium, Ausbildung oder Direkteinstieg
Lohnt sich ein Studium noch?
2018-02-23T18:20:17+01:00
Erst das Abitur, dann ein erfolgreiches Studium absolvieren und auf geht’s in den ersten Job. So sieht der perfekte Werdegang in der Vorstellung unerfahrener Berufseinsteiger aus. Doch viele Akademiker trifft der Schlag, wenn sie auf ihren ersten Gehaltszettel schauen. Ich muss doch mehr Wert sein! Enttäuscht und vom Arbeitsalltag wachgeküsst, das möchten uns zumindest Medien gern glauben machen. Was ist dran? Lohnt sich ein Studium noch?
Noch nie gab es in Deutschland so viele Studenten wie heute. Alle mit dem Ziel vor Augen, mit einem mehr als auskömmlichen Gehalt entlohnt zu werden. Lohnt sich das Studium noch oder klagen Berufseinsteiger nur auf hohem Niveau? BigKARRIERE wagt den differenzierten Blick auf die berufliche Situation von Akademikern in Deutschland.
Ausbildung und Studium: Wo liegt der Unterschied?
Glückwunsch. Die Schulzeit liegt nun hinter euch, das Abitur habt ihr endlich in der Tasche. Doch wie soll es weitergehen? Studium oder doch lieber eine Ausbildung? Etwas Handfestes, wie Eltern gerne sagen. Genau daran schließt auch die grundlegende Frage an: Theoretiker oder Praktiker? Diese Frage entscheidet über euren beruflichen Werdegang. Ein Grund zur Panik ist jedoch noch lange nicht in Sicht: Alternativen gibt es zum Beispiel für all jene, die sich irgendwo dazwischen verorten. Lohnt sich ein Studium also noch? Wir geben eine Hilfestellung, mit dieser Behauptung umzugehen.

Theoretisch: das Studium an der Universität
Ein wesentlicher Unterschied vorweg: Ein Studium an einer klassischen Universität hat zum Ziel, euch umfassend zu bilden. Nicht auszubilden, diese Aufgabe übernimmt – der Name sagt es schon – die Ausbildung. Ach was, denkt ihr euch sicherlich. Konkret heißt das aber: Ein Universitätsstudium ist in der Regel theorielastiger als eine Ausbildung. Sie vermittelt euch universelle Fertigkeiten und gibt euch einen breiten Straus an Wissen an die Hand, der euch helfen soll, euch im späteren Berufsleben stetig weiterzuentwickeln.
Selbstdisziplin, Selbstorganisation oder die Fähigkeit, sich eigenverantwortlich in neue und komplexe Themengebiete einzuarbeiten gehören beispielsweise dazu. Den nötigen Input liefern euch Vorlesungen, Seminare und hin und wieder das persönliche Gespräch mit Dozenten oder Professoren. Doch dabei gilt: Niemand kommt von allein auf euch zu. Eigeninitiative ist gefragt. Wer hin und wieder den nötigen Tritt in den Hintern braucht, muss schon selbst dafür sorgen. Das gilt auch in puncto praktischer Erfahrung. Oft ist sie bereits ein Semester lang obligatorischer Bestandteil. Ihr müsst euch allerdings selbst um einen Praktikumsplatz, der zu eurem Studiengang passt, kümmern. Der Vorteil: Ihr bereitet euch damit schon mal auf die Bewerbungszeit nach dem Studium vor.
Praktisch: die Ausbildung
Verschulter und weniger eigeninitiativ ist hingegen die Ausbildung. Aus gutem Grund: In der Regel habt Ihr erst die mittlere Reife in der Tasche und seid in eurer Persönlichkeitsentwicklung noch nicht so weit. Theoretische und praktische Einheiten wechseln einander ab, Zeitpläne und Abläufe sind meist festgelegt. Ihr übernehmt zumindest anfangs noch nicht so viel Eigenverantwortung und werdet von euren Vorgesetzten mehr oder weniger angeleitet und geführt. Für jene, die von Haus aus einen routinierten Ablauf mit Praxisbezug bevorzugen, die eindeutig bessere Alternative. Der Vorteil: Ihr seid bereits in einem Unternehmen und habt somit gute Chancen, anschließend übernommen zu werden.
Von beidem etwas: das duale Studium
Studieren könnt ihr auch später noch. Und wenn ihr euch mit beiden Bildungswegen nicht anfreunden könnt, hilft euch vielleicht ein dualer Studiengang. Ihr studiert an der Universität oder an einer Fachhochschule und wechselt jedes Semester in eine theoretische beziehungsweise praktische Phase. So könnt ihr das noch frische Wissen regelmäßig in der Praxis anwenden. Außerdem habt ihr als Werkstudenten auch hier die Chance, dass euch ein Unternehmen direkt nach dem Unternehmen übernimmt.

Lohnt sich ein Studium? Eine Frage der richtigen Einstellung
Und: Lohnt sich ein Studium noch? Wir sagen ganz klar: Jain. Die Antwort ist viel komplexer, als dass man sie auf einen Nenner herunterbrechen könnte. Die Frage müsste hingegen lauten: Was wollt ihr? Euch persönlich und fachlich weiterentwickeln? Welcher Weg passt zu euch und eurer Laufbahn? Ob ihr damit erfolgreicher seid, steht ohnehin auf einem anderen Blatt. Die Arbeitswelt wird immer schnelllebiger.
Auf vielen Stellenausschreibungen stehen Eigenschaften wie „Flexibilität“ ganz weit oben auf der Du-solltest-mitbringen-Liste. Flexibel bedeutet aber auch, sich zu verinnerlichen, dass arbeiten heute auch stetes Weiterentwickeln und Lernen bedeutet. Nach dem Studium ist quasi vor dem Studium. In Neu-Deutsch auch Selbstoptimierung genannt. Stillstand bringt euch, ob mit oder ohne Master, also keineswegs weiter.
Universitäten haben einen Bildungsauftrag. Und Bildung bedeutet nicht gleich Ausbildung. Ein Irrtum, dem viele angehende Akademiker aufsitzen und sich spätestens im Masterstudium wundern, warum sich denn immer noch kein Job findet, der direkt an das Studium andockt. Vor dem Erfolg haben die Götter nämlich den Schweiß gesetzt. Heißt: Berufseinsteiger müssen sich, bevor sie ins Arbeitsleben einsteigen, häufig noch ein Berufsprofil erarbeiten, bevor sie mit überdurchschnittlichen Gehältern rechnen können. Allen voran: die Geisteswissenschaftler.
Von Äpfeln und Birnen
Medien blasen oft ins selbe Horn und schreien gern die Frage durch den Blätterwald: Lohnt sich das Studium überhaupt noch? Grund seien erschreckende Arbeitslosenzahlen von Akademikern und mitunter deutliche Gehaltsunterschiede. Wer nicht nachhakt, lässt sich gern vom medialen Echo verleiten und gelangt zu dem Entschluss, das mit dem Studium lieber sein zu lassen.
Vorsicht: Häufig werden Äpfel mit Birnen verglichen. Geisteswissenschaftler haben es zum Beispiel seit jeher schwerer, beruflich auf die Beine zu kommen. Zu wage ist ihr Berufsprofil für den Arbeitgeber. Im Wintersemester 2016/2017 waren knapp 343.000 Studenten in geisteswissenschaftlichen Fächern eingeschrieben, Zahlen, die das Statistische Bundesamt kürzlich ausgewiesen hat.
Schenkt man der öffentlichen Meinung Glauben, müsste sich das Studium für hunderttausende von Geisteswissenschaftler nicht lohnen. Eine unrealistische Behauptung. Und eine Bankrott-Erklärung für die deutsche Wirtschaft. Anders die Naturwissenschaftler. Nach ihnen wird händeringend gesucht. Und was ist mit promovierten Biologen? Im Gegensatz zu Chemikern sind sie schwerer vermittelbar. Woran das wohl liegt? Egal, reden wir nicht drüber.
Oftmals werden nicht nur unterschiedliche Fachbereiche miteinander in Vergleich gesetzt. Gegenüberstellungen hinken besonders dann, wenn es sogar zwei Berufe aus unterschiedlichen Fachbereichen mit jeweils verschiedenen Abschlussgraden sind. Ein Beispiel: Der ausgebildete IT-Spezialist und der PR-Experte mit Abschluss in Kommunikationswissenschaften. Und wer verdient wohl mehr? Der IT-Spezialist natürlich. Gegen einen IT-Spezialisten mit Masterabschluss käme er allerdings nicht an. Apropos: Master. Der wird übrigens häufig mit dem Bachelor in einen Topf geworfen, wobei der Unterschied klar sein sollte. Für den Bachelor studiert ihr in der Regel drei Jahre. Für den Master braucht ihr rund fünf Jahre und habt bei den ersten Gehaltsverhandlungen deutlich bessere Karten.

Fazit – Lohnt sich das Studium noch? Lasst euch nicht beirren!
Das deutsche Bildungssystem ist dem Untergang geweiht – Stichwort Numerus Clausus. Auch so eine emotional aufgeladene Behauptung, die hin und wieder über die deutsche Medienlandschaft fegt. Womöglich ist sogar etwas dran. Viel wichtiger ist, dass die Nachricht möglichst lange nachhallt. Was passt da also besser als die Headline: Lohnt sich ein Studium überhaupt noch? Eine Antwort darauf ist euch aber niemand schuldig. Diese könnt ihr nur euch selbst geben:
- Presse-Beiträge sind selten hilfreich: Sie werfen gerne alles in einen Topf und scheuen sich nicht davor, auch mal Birnen mit Äpfeln zu vergleichen.
- Universitäten haben einen Bildungsauftrag. Mit Ausbildung hat das aber nichts zu tun.
- Lohnt sich ein Studium? Es zahlt sich aus – vor allem persönlich –, wenn ihr der Typ dafür seid
- Das klassische Studium ist meist theorielastiger. Wer es praxisbezogener mag, für den ist eine Ausbildung besser geeignet.
- Lernt ihr lieber theoretisch oder eher praktisch? Es muss kein Entweder-Oder sein. Bei manchem liegt die Lösung auch dazwischen – mit einem dualen Studiengang.
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