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Wenn mein Chef das Diensthandy ortet

Welche Überwachungstools sind in Deutschland erlaubt?

Bild Foto: ricardo esquivel / Pexels
Foto: ricardo esquivel / Pexels

Die Pandemie und das dadurch vermehrte Homeoffice haben nicht gerade dazu beigetragen, dass Unternehmen ihren Angestellten mehr vertrauen. Moderne Überwachungstools, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu kontrollieren, werden immer häufiger eingesetzt. Aber was ist in Deutschland erlaubt? Und warum schadet die Kontrolle mit einer solchen Kontrollsoftware der Produktivität? In unserem Artikel erfährst du mehr.

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Warum Kontrollsoftware der Produktivität schadet / Foto: christina morillo / Pexels

Überwachung und Kontrolle bei der Arbeit – normal oder nicht erlaubt?

Bloß keine Pausen machen und Leerlaufzeiten vermeiden, das ist die Devise von vielen Unternehmen. Dabei überwachen Unternehmen – darunter auch sehr bekannte und große Onlineriesen – ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ständig und kontrollieren jeden einzelnen Schritt. Besonders in den USA sind Kontrolle und Überwachung der Angestellten bei vielen Unternehmen an der Tagesordnung.

Aber wie sieht das Ganze in Deutschland aus? Du kannst aufatmen: In Deutschland greifen bisher strengere Gesetze, um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen. Ein Unternehmen darf hierzulande seine Angestellten weder heimlich filmen noch aufnehmen, wenn kein konkreter Verdacht besteht, dass sich der oder die Angestellte beispielsweise durch etwas strafbar macht. Soll eine Videoüberwachung erfolgen, ist in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geregelt, dass in diesem Fall der Betriebsrat zustimmen muss. 

Ein weiterer Punkt, der wahrscheinlich für viele Angestellte neu ist: Dein Arbeitgeber darf dein Diensthandy orten, wenn du im Homeoffice arbeitest. Das Ganze darf zwar nur gemacht werden, wenn wichtige Gründe vorliegen und du zudem davor über diesen Punkt aufgeklärt worden bist, aber trotzdem ist nicht jedem bewusst, dass eine Ortung des Arbeitshandys in Deutschland unter Umständen erlaubt ist. Dienstliche Mails und arbeitsbedingte Seitenaufrufe im Internet dürfen ebenfalls durch den Arbeitgeber geprüft und kontrolliert werden. 

Aber was darf das Unternehmen dann eigentlich auf keinen Fall tun, wenn es um die Kontrolle und Überwachung der Angestellten geht?

  • Heimliches Aufnehmen von Telefonaten der Angestellten
  • Nachverfolgung privater E-Mails 
  • Ausspähung der privaten Internetnutzung 

Wichtig: Liegt der Verdacht auf eine Straftat vor, darf auch diese Art der Überwachung im Arbeitsumfeld eingesetzt werden. 

Überwachung der Angestellten einfach gemacht

Natürlich haben Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran, ob Regeln, Vorgaben und Richtlinien von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingehalten werden und sie ihren Job auch wirklich erledigen. Aber durch strenge Gesetze in Deutschland wird die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine Arbeitskräfte überwacht, sehr kritisch beurteilt.

Die Pandemie hatte bei vielen ein vermehrtes oder komplettes Arbeiten aus dem Homeoffice zur Folge. Auch jetzt ist das Arbeitsmodell Homeoffice immer noch beliebt und wird in vielen Unternehmen weiterhin genutzt. Zusätzlich dazu ist jedoch auch die Überwachung und Kontrolle über die Angestellten angestiegen. Aber woran liegt das? Moderne, technische Überwachungstools ermöglichen es den Unternehmen, ihre Arbeitskräfte auch im Homeoffice zu kontrollieren. 

Eine dieser Überwachungsoptionen wird von Microsoft angeboten. Mit den Programmen wird ein “Productivity Score” berechnet, der die digitale Transformation vorantreiben soll. Offiziell ist dieser Score nicht für die Überwachung und Kontrolle der Angestellten gedacht, da er einen Wert darstellt, der für das gesamte Unternehmen zusammenfassend berechnet wird. Aber Unternehmen können dadurch tiefe Einblicke in die Aktivitäten und die Produktivität einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen erhalten, denn der Score basiert auf individuellen Daten der Angestellten. Es werden am laufenden Band Nutzungsdaten gesammelt, die dazu beitragen, dass die Verwendung von Microsoftprogrammen konkret bei einzelnen Angestellten nachvollzogen werden kann. 

Genau hier liegt auch die Krux. Auf der einen Seite kann die Analyse der gesammelten Daten dem Unternehmen helfen, sich weiterzuentwickeln sowie Arbeitsabläufe und Prozesse zu optimieren. Auf der anderen Seite steht die Privatsphäre der Angestellten. Gibt es hier einen ausreichenden Schutz der Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Dieser Zwiespalt führt dazu, dass diese modernen, technologischen Kontrollsysteme kritisch betrachtet werden und weiterhin umstritten sind. 

Mehr Kontrolle = mehr Produktivität? Falsch gedacht!

Seit Corona haben die Themen Privatsphäre, Überwachung und Kontrolle – nicht nur am Arbeitsplatz – eine größere Bedeutung bekommen. Der Druck, immer erreichbar zu sein und gefühlt jeden Tag an virtuellen Meetings teilzunehmen, ist mit dem Homeoffice gestiegen. Ein Druck, der zum Gefühl beiträgt, überwacht und kontrolliert zu werden. Das liegt viel daran, dass die Grenzen zwischen dem Privatleben in deinem Zuhause und deiner Arbeit durch das Homeoffice verschwimmen. Zusätzlich haben Unternehmen Angst, dass die Angestellten im Homeoffice nicht produktiv arbeiten, sondern Wäsche waschen, aufräumen oder Netflix schauen. Der Arbeitgeber kontrolliert deshalb durch Mails, Chatnachrichten und Anrufe, ob die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch wirklich vor ihrem Laptop sitzen und produktiv arbeiten. 

Das Verhalten kann aber zum genauen Gegenteil beitragen. Überwachung und Kontrolle der Arbeit der Angestellten stellen nicht sicher, dass produktiv gearbeitet wird. Was viele Arbeitgeber außerdem vergessen: Nur weil jemand vor Ort im Büro arbeitet, bedeutet das nicht, dass die Person mehr oder produktiver arbeitet als jemand im Homeoffice. Fühlst du dich durchgehend überwacht und kontrolliert, ist ein Burnout auch nicht mehr weit, da sich Angestellte durch diesen Druck oft nicht die benötigten Pausen und Erholungszeiten gönnen. Bist du ständig angespannt und erhältst aber nicht zwischendurch die dringend benötigte Entspannung, ist dein Hirn schnell überlastet und deine Produktivität leidet darunter. Kontrolle und Überwachung führen also nicht zwangsläufig zu mehr Produktivität, sondern können einen negativen Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit haben.

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Überwachung und Kontrolle bei der Arbeit – normal oder nicht erlaubt? Foto: alex green / Pexels

Kontrolle, aber bitte angemessen

Die Beachtung der in Deutschland geltenden Gesetze beim Einsatz einer Kontrollsoftware und Kontrolltools hat Prio, wenn es um die Überwachung der Angestellten geht. Genauso wichtig ist dabei aber auch, dass herausgefunden wird, warum die Kontrolle stattfinden soll. Unternehmen sollten sich bei diesem Punkt auch damit beschäftigen, ob diese Kontrollsoftware und -tools die Produktivität erhöhen oder das erfolgreiche Arbeiten eher verhindern

Ein Punkt, der definitiv bei diesem Thema helfen kann: anonymisierte Daten. Es müssen keine Daten gesammelt werden, die einer bestimmten Person zugeordnet werden können, um die Arbeitsprozesse im Team nachzuvollziehen, Probleme zu identifizieren und Optimierungen vorzunehmen. Unternehmen sollten aus diesem Grund den Fokus nicht darauf legen, einzelne Angestellte speziell zu kontrollieren, sondern einen allgemeinen Überblick über das gesamte Team zu erhalten. Außerdem sollte es freiwillig sein, an den Bewertungsprogrammen teilzunehmen und es muss eine umfangreiche Informierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorab stattfinden. 

 Natürlich ist nicht jede Art der Kontrolle gleich schlecht. Die Umsetzung ist hier entscheidend. Dabei sind Wertschätzung und Vertrauen das A und O.

  • Arbeitsergebnisse und den Prozess zusammen besprechen (Stand, Probleme, Zeitplanung etc.).
  • Nicht jeder Schritt muss überwacht werden. Finde eine Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle.
  • Keine Geheimnisse, sondern Transparenz bei der Kontrolle (Was wird kontrolliert? Wie werden die Daten zur Produktivität analysiert und genutzt? Warum werden einzelne Schritte kontrolliert?)
  • Nicht nur Kritik äußern, sondern auch Lob. Wertschätzung, Vertrauen und Anerkennung sind wichtig. 

Fazit

Es gibt strenge Gesetze in Deutschland, wenn es um den Schutz der Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen und ihre Privatsphäre geht. Beim Thema Kontrolle und Überwachung am Arbeitsplatz gibt es einen großen Unterschied zwischen toxischer und wertschätzender Kontrolle. Viele Unternehmen denken, dass die Nutzung von Kontrollsoftware, Kontrolltools oder Überwachungssystemen zu produktiverem Arbeiten führt. Der gefühlte Druck durch ständige Kontrolle und Überwachung kann jedoch die Produktivität senken. Aus diesem Grund sollten Unternehmen auf Wertschätzung und Vertrauen setzen und sich bewusst machen, wieso sie ihre Angestellten kontrollieren. Ist es ein reiner Kontrollzwang, sollten die Unternehmen von dieser toxischen Überwachung schnell auf mehr Wertschätzung und Vertrauen switchen. 

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