Positive Menschen im Arbeitsleben
alexander suhorucov / pexels
Positive Menschen im Arbeitsleben
Wann ist Positivität übertrieben?

Toxic Positivity im Berufsleben

Im Alltag begegnest du Toxic Positivity öfter, als du vielleicht denkst. Doch was ist das eigentlich? Hier erfährst du mehr dazu & ob sie dir schadet.

Es ist Montagmorgen, du hast schlecht geschlafen, und die To-do-Liste für die Woche sieht endlos aus. Du erzählst deinen Kolleg:innen davon, und als Antwort erhältst du ein strahlendes “Kopf hoch! Es wird schon alles gut gehen!” Auf den ersten Blick wirkt dieser Zuspruch positiv, aber irgendwie fühlt es sich nicht ganz richtig an.

Das ist ein klassisches Beispiel von "Toxic Positivity" - einer Einstellung, bei der Positivität übermäßig und manchmal unangebracht betont wird. In einer Welt, in der wir ständig mit dem Druck konfrontiert werden, glücklich und erfolgreich zu sein, ist es leicht, in die Falle dieser extremen Positivität zu tappen. Aber wann wird aus ermutigendem Optimismus eine toxische Positivität, die mehr schadet, als nützt, besonders im Berufsleben und im persönlichen Umfeld? Wir sehen uns an, wie eine übertriebene Positivität zu Problemen führen kann und wie du einen gesünderen Umgang mit den Herausforderungen des Lebens und der Arbeit findest, denn nicht alles, was glänzt, ist Gold.

Good Vibes only
victor o / unsplash
Good Vibes only

"Toxic Positivity": Wenn zu viel des Guten schadet

"Toxic Positivity" ist das Phänomen, bei dem Positivität in einer Art und Weise überbetont wird, die realistische und authentische menschliche Emotionen unterdrückt. Es ist das ständige Bestreben, in jeder Situation nur das Positive zu sehen, selbst wenn dies unrealistisch oder sogar schädlich ist. Denk an jene Momente, in denen dir gesagt wird, du sollst "einfach positiv denken", obwohl du dich gerade niedergeschlagen oder frustriert fühlst. Diese Art von Positivität ignoriert die Komplexität echter Gefühle und schafft eine Atmosphäre, in der es schwierig ist, ehrlich über Probleme oder Sorgen zu sprechen. Es kann sogar dazu führen, dass Menschen ihre eigenen Gefühle infrage stellen und sich schlecht fühlen, weil sie nicht ständig optimistisch sind. Im Kern geht es bei toxischer Positivität also darum, Negatives auszublenden und nur Positives zuzulassen, was letztlich zu einem ungesunden Umgang mit Emotionen führen kann.

Das zweite Gesicht der Positivität: Zwischen Hilfe und Hürde

Hast du schon einmal bemerkt, wie oft wir im Alltag auf gut gemeinte Floskeln zurückgreifen? Deine Kolleg:innen, Vorgesetzten, aber auch Familie und Freunde bedienen sich dieser Phrasen oft, ohne es zu merken. Hinter diesen Worten verbirgt sich manchmal eine Unsicherheit oder sogar eine Art der Ignoranz. Sie versuchen, schwierige Gefühle mit einem Mantel der Positivität zu überdecken. Dies geschieht vor allem dann, wenn sie mit den Gefühlen, die du gerade hast, selbst nicht klarkommen. Wir alle sind manchmal schuldig daran, diese Phrasen zu nutzen, vor allem, wenn wir andere in Not sehen und deren Leid uns überwältigt. Die Frage ist jedoch, ob diese Art der Reaktion wirklich in der Situation hilft oder nicht. Anstatt leere Worte zu verwenden, könnten wir versuchen, wirklich zuzuhören, gemeinsam durch schwierige Phasen zu gehen und einfühlsam zu erkunden, wie wir konkret unterstützen können. Es geht nicht immer darum, sofortige Lösungen oder kluge Ratschläge zu liefern. Manchmal ist das offene Ohr das Wichtigste. Platituden können uns sogar daran hindern, uns vollständig zu öffnen, da sie das Gefühl geben, in unseren Problemen nicht verstanden zu werden.

Denke einfach an etwas Gutes!
caftos / unsplash
Denke einfach an etwas Gutes!

Typische Sätze, die auf Toxic Positivity hindeuten

Dadurch, dass wir immer positiv bleiben wollen, greifen wir oft auf bestimmte Sätze zurück, die eigentlich mehr schaden als nützen können. Damit du sie in Zukunft vielleicht nochmal überdenkst, bevor du sie aussprichst, haben wir hier mal einige typische Beispiele für dich:

Sieh immer das Positive in allem!

Dieser Satz suggeriert, dass es in jeder Situation etwas Positives geben muss, was nicht immer der Fall ist. Es setzt uns unter Druck, ständig optimistisch zu sein, selbst in schwierigen und schmerzhaften Situationen. Dies kann dazu führen, dass wir unsere wahren Gefühle unterdrücken und nicht angemessen verarbeiten. Wichtig ist es, realistisch zu bleiben und sich zu erlauben, auch negative Emotionen zu empfinden und zu verarbeiten.

Es wird schon wieder. Nicht so negativ denken!

Dieser Satz minimiert die Bedeutung der aktuellen Sorgen und Probleme einer Person. Es ist ein Versuch, die Realität der Situation zu vereinfachen und nimmt den betroffenen Personen die Berechtigung, ihre wahren Gefühle zu fühlen. Anstatt zu unterstützen, kann dies dazu führen, dass sich Menschen isoliert und missverstanden fühlen. Eine bessere Herangehensweise wäre, empathisch zuzuhören und Verständnis für die Situation und die Gefühle der betroffenen Person zu zeigen.

Good vibes only!

Dieser Satz klingt positiv und unbeschwert, aber er kann dazu führen, dass wir uns unter Druck gesetzt fühlen, ständig glücklich und optimistisch zu sein. Psychologe Konstantin Lukin betont, dass dieser Ansatz dazu führt, unangenehme Gefühle zu unterdrücken, was letztlich kontraproduktiv sein kann. Indem wir nur positive Emotionen zulassen, ignorieren wir einen wichtigen Teil unserer emotionalen Erfahrung. Dies kann zu einer tieferen Unzufriedenheit führen, da wir uns selbst nicht erlauben, alle Facetten unserer Gefühle zu erleben und auszudrücken.

Andere haben es viel schlimmer als du!

Dieser Satz soll relativierend wirken, doch er kann auch das eigene Leid herunterspielen. Anstatt echten Trost zu bieten, minimiert er die Bedeutung unserer eigenen Probleme. Schmerz ist subjektiv und kann nicht einfach durch den Vergleich mit anderen Situationen gemindert werden. Es ist wichtig, die Gefühle jeder Person als gültig und bedeutend zu behandeln, unabhängig davon, wie sie im Vergleich zu anderen stehen.

Hör doch einfach auf, über dieses Problem nachzudenken!

Dieser Ratschlag suggeriert, dass wir die Kontrolle über unsere Gedanken haben und sie einfach abschalten können. In Wirklichkeit ist es aber oft nicht so einfach. Gedanken und Sorgen können sich festsetzen und sind nicht einfach durch Willenskraft zu beseitigen. Die Verhaltenstherapie zeigt, dass es statt Verdrängung vielmehr um das Erlernen von Strategien geht, um mit belastenden Gedanken umzugehen und sie in einen größeren Kontext zu setzen.

Denke einfach an etwas Gutes!

Obwohl dieser Satz darauf abzielt, Positivität zu fördern, kann er dazu führen, dass wir uns selbst und unsere wahren Gefühle nicht anerkennen. Es ist wichtig, Raum für alle Emotionen zu schaffen – sowohl die positiven als auch die negativen. Die Anerkennung und Verarbeitung von Traurigkeit oder Frustration ist ein wesentlicher Teil unserer emotionalen Gesundheit.

Was dich nicht umbringt, macht dich stärker!

Dieser Satz ist oft gut gemeint, aber er kann die Realität schwieriger Erfahrungen verharmlosen. Nicht jede Herausforderung macht uns stärker; manche können auch traumatisierend sein und langfristige negative Auswirkungen haben. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass Menschen unterschiedlich auf Herausforderungen reagieren und dass Stärke auch darin bestehen kann, um Hilfe zu bitten und Unterstützung zu suchen.

Fazit

"Toxic Positivity", die übermäßige Betonung von Positivität, kann schädlich sein, besonders wenn sie echte menschliche Emotionen und Herausforderungen ignoriert. Sie führt oft dazu, dass Menschen ihre Gefühle unterdrücken und sich isoliert fühlen. Ein gesünderer Umgang erfordert das Akzeptieren und Verarbeiten aller Emotionen, positiver wie negativer, und bietet die Möglichkeit, authentischer zu kommunizieren und wirkliche Unterstützung zu erfahren. Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden, das echtes Verständnis und Empathie fördert.