Mann an Hausfassade
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Mann an Hausfassade
Macht das Sinn oder ist das Illegal?

Das bringt dir das Scheinstudium wirklich

Student sein hat Vorteile, deshalb machen manche ein Scheinstudium. Was es damit auf sich hat und ob es überhaupt legal ist, klären wir hier für euch.

Scheinstudium – was ist das?

Von einem Scheinstudium wird gesprochen, wenn Abiturient:innen sich mit der Absicht, Vorlesungen nie zu besuchen und Prüfungen nie zu absolvieren, an der Hochschule einschreiben. In den Worten des Bundesverwaltungsgerichts ist es ein Studium "ohne die Absicht, einen berufsqualifizierenden Abschluss anzustreben"; (BVerwG 5 B 151/87). Das Ziel solcher Scheinstudent:innen: Vorzüge durch den Studierendenstatus sichern.

Vorteile eines Scheinstudiums

Wer in Deutschland an einer Hochschule immatrikuliert ist, genießt einige Vorteile:

  • Ein preiswertes Semesterticket für den ÖPNV. Der subventionierte Fahrschein gilt ein Semester lang und ist im Vergleich zum Normalpreis ein wahres Schnäppchen.
  • Billigere Versicherungstarife. Studierende können bis zum 25. Lebensjahr in der Familienversicherung der Krankenkasse bleiben, wenn ihr monatliches Einkommen 535 Euro (bei einem Minijob 556 Euro) nicht überschreitet. Und auch ältere Studierende profitieren von vergünstigten Tarifen für die Kranken- und Pflegeversicherung.
  • Monatliches Kindergeld bis zu einem Alter von 25 Jahren, sofern die Schul- oder Berufsausbildung so lange läuft. Aktuell bedeutet das für immatrikulierte Studierende knapp 255 Euro pro Monat. BAföG, staatliche Studierendenkredite und andere Darlehen stehen nur immatrikulierten Studierenden zu und bieten in der Regel deutlich günstigere Konditionen als andere Kredite. So gilt beispielsweise beim BAföG, dass die Rückzahlsumme selbst bei einem Studienabbruch auf maximal 10.010 Euro begrenzt ist.
  • Werkstudierendenjobs und Berufspraktika sind für Studenten leichter zu erhalten.
  • Weitere Rabatte für Studierende. Sei es etwa in der Hochschulmensa oder beim Kauf von Elektronik und Klamotten.

Nachteile eines Scheinstudiums

  • Der Semesterbeitrag muss regelmäßig gezahlt werden. Die Pflichtabgabe aller immatrikulierten Studierenden fällt je nach Region unterschiedlich hoch aus. So beträgt der Semesterbeitrag an der LMU München bescheidene 85 Euro, an der HU Berlin aber schon 320 Euro.
  • Für die Krankenversicherung, das BAföG und andere Kredite können Leistungsnachweise angefordert werden. Das passiert etwa, wenn Studierende in ein höheres Semester kommen oder eine bestimmte Altersgrenze erreichen. Wer nur ein Scheinstudium absolviert, wird keine Leistungsnachweise liefern können.
  • Auch wenn du kein BAföG beziehst, kann dir ein Scheinstudium später Probleme bereiten. Für ein späteres ernsthaftes Studium darfst du nicht mehr als vier Semester studiert haben, um noch BAföG zu bekommen. Fachrichtungswechsel können helfen, aber verlangen gute Begründungen und je mehr Wechsel, desto strenger die Prüfung.
  • Während des Scheinstudiums kannst du oft nur wenig nebenher verdienen. Mehr Einkommen führt schnell zum Verlust von Kindergeld und vergünstigter Krankenversicherung.
  • Einige Bundesländer erheben Gebühren für Langzeitstudierende. Ein Scheinstudium kann dazu führen, dass du später in diese Kategorie fällst.
  • Durch Scheinstudierende werden Studienplätze blockiert, die womöglich von ernsthaften Studierenden gebraucht würden. Denn vor allem bei beliebten Studiengängen kommen mehrere Bewerber:innen auf einen Studienplatz. Bringt ein Scheinstudierender mehr Wartesemester oder einen besseren NC mit, bekommt er den Zuschlag, auch wenn er keinerlei Absicht hegt, tatsächlich zu studieren. Und auch bei NC-freien Studiengängen führt das Scheinstudium zu verfälschten Statistiken und organisatorischen Problemen. Etwa, wenn aufgrund vieler Fakestudierender ein deutlich größerer Hörsaal gebucht wird als eigentlich benötigt. Dieser Hörsaal kann an anderer Stelle fehlen. Zwar bekommen Hochschulen für die höhere Anzahl an Studierenden mehr finanzielle Mittel und Förderungen, ob sich das allerdings positiv auf den Hochschulbetrieb und die Lehre auswirkt, bleibt fraglich. 
Frau trinkt Kaffee
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Frau trinkt Kaffee

Zum Schein studieren: Legal oder illegal?

Durch die Immatrikulation gibt es Vorzüge, wie finanzielle Vorteile im öffentlichen Nahverkehr oder bei den Sozialversicherungen. Die Inanspruchnahme dieser Vorteile ist Betrug und damit eine Straftat nach § 263 des Strafgesetzbuches. Streng genommen ist nicht das Scheinstudium selbst, sondern lediglich die Inanspruchnahme der Vorteile illegal. Beide Aspekte lassen sich aber kaum auseinanderdividieren. Den meisten Hochschulen fehlen die Ressourcen, um Fakestudierende aufzuspüren, trotzdem sind schon Scheinstudierende aufgeflogen. Eine strafrechtliche Verfolgung fand bisher aber noch nie statt. Theoretisch ist sie möglich - in der Zeit des Scheinstudiums bezogene Gelder, wie Kindergeld, könnten dann vom Staat zurückgefordert werden und auch eine Geld- oder Freiheitsstrafe wäre theoretisch denkbar. Bisher beschränken sich die Konsequenzen beim Auffliegen aber in der Regel auf die Exmatrikulation (wegen Missbrauchs).

Der moralische Aspekt beim Scheinstudium

Der Staat finanziert die Bildung über Steuermittel, also das Geld der Steuerzahler:innen. Studienplätze sind nicht billig, im geisteswissenschaftlichen Bereich kostet ein Platz 20.000 Euro, in Medizin fast 180.000 Euro. Nicht nur der Studienplatz, sondern auch die Vergünstigungen und Vorteile, die ein Studium mit sich bringt, werden vom Steuerzahler mitfinanziert. Scheinstudierende liegen also dem Steuerzahler auf der Tasche.

Ins Scheinstudium hineinschlittern

Viele Studierende finden sich plötzlich in einem Scheinstudium wieder, oft ohne es wirklich geplant zu haben. Die Gründe sind vielfältig: Einiges fängt harmlos an, ein Semester zieht sich länger hin, und plötzlich sind die Leistungsnachweise fällig. Aber dann kommt das Leben dazwischen – sei es ein Nebenjob, der mehr fordert, oder persönliche Umstände, die die Prioritäten verschieben. Plötzlich merkt man, dass man von den studentischen Vorteilen gerne profitieren möchte, obwohl die Uni in den Hintergrund rückt.

Fazit

Ein Scheinstudium bringt finanzielle Vorteile, birgt aber auch das Risiko aufzufliegen und für Betrug belangt zu werden. Und auch wenn bisher kein Fall bekannt ist, in dem Fakestudierende strafrechtlich belangt wurden, bleibt der moralische Aspekt: Willst du dem Steuerzahler auf der Tasche liegen und ernsthaften Studienanwärter:innen einen Studienplatz wegnehmen? Entscheide selbst.

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