Angst vor dem Telefonieren?
Telefonieren gehört für viele zum Alltag, doch für manche ist der Griff zum Hörer pure Angst. Wir zeigen, woher diese Telefonangst kommt und wie ihr sie überwinden könnt.
Telefonieren gehört für viele zum Alltag, doch für manche ist der Griff zum Hörer pure Angst. Wir zeigen, woher diese Telefonangst kommt und wie ihr sie überwinden könnt.
Wie viele Menschen wirklich unter einer Telefonphobie leiden, ist nicht erfasst. Denn das Phänomen ist bisher nicht als eigenständige Krankheit anerkannt. Dabei ist die Angst für Betroffene sehr real. Telefonphobiker fürchten, dass sie keinen vernünftigen Satz über die Lippen bekommen und erleben ihre Angst sogar körperlich: nasse Hände, schneller Herzschlag, Übelkeit und mehr können die Angstgefühle begleiten. Wer unter Angst vorm Telefonieren leidet, fürchtet vor allem das Anrufen bei Unbekannten. Telefonische Gespräche mit engen Vertrauten sind für Betroffene seltener ein Problem. Bei Fremden anzurufen, selbst beim Arzt oder Frisör, löst dagegen beklemmende Gefühle aus. Deshalb nutzen Betroffene hauptsächlich schriftliche Kommunikationswege und verwenden mit Vorliebe die Ausrede, dass sich am anderen Ende telefonisch niemand erreichen ließ. Wenn ein Telefonanruf unausweichlich ist, kostet das große Überwindung, viel Energie und Vorbereitungszeit.
Mediziner zählen die Telefonangst zu den sozialen Phobien, auch Angststörungen genannt. Insgesamt leiden etwa drei Prozent der Bevölkerung unter einer sozialen Phobie und haben Angst vor unterschiedlichen, alltäglichen Dingen. Als Ursache für die Telefonphobie gelten vor allem traumatische Erlebnisse, die von den Betroffenen mit dem Telefon in Verbindung gebracht werden. Grundsätzlich wird vermutet, dass auch das Verhalten der Eltern und die genetische Veranlagung die Entwicklung einer sozialen Phobie begünstigen kann.
Um die Angst vorm Telefonieren zu besiegen, ist der erste Schritt offener mit der Angst umzugehen. Das bedeutet sich selbst einzugestehen, dass das Problem besteht und darüber zu reden. Denn häufig versuchen Betroffene ihre Telefonangst zu verbergen, insbesondere im Beruf. Einige täuschen sogar Anrufe vor oder verwählen sich gezielt, um nicht auf der Arbeit telefonieren zu müssen. Solch ein Vermeidungsverhalten gilt es abzustellen, denn es kann die Angst sogar vertiefen.
Experten empfehlen mit vergleichsweise unbedeutenden Anrufen anzufangen und so häufig wie möglich zu telefonieren. Bei der Zeitansage durchrufen oder Pizza telefonisch bestellen sind gute Beispiele dafür. Falls bei solchen Anrufen der Kloß im Hals zu dick sein sollte, kann man zur Not einfach auflegen. Wirkt das Telefonieren nicht mehr so befremdlich, sollte man immer mehr Termine und Dinge am Telefon regeln. Diese Konfrontationsübungen helfen euch dabei zu begreifen, dass eure Befürchtungen überhaupt nicht eintreten und telefonieren gar nicht so schlimm ist.
Wer die Angst vorm Telefonieren als stark belastend empfindet, kann bei einem Psychotherapeuten Hilfe suchen. Zwei unterschiedliche Ansätze gelten bei Phobien als besonders wirkungsvoll: die kognitive Verhaltenstherapie und psychodynamische Therapieverfahren. Im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie geht es darum zu lernen, sich der Angst zu stellen und sie zu überwinden. Anders der Ansatz bei psychodynamischen Therapieverfahren: Hier soll ein unverarbeitetes Schlüsselerlebnis aus der Vergangenheit, das als ursächlich für die Entstehung der Phobie gesehen wird soweit aufgearbeitet werden, dass es das Verhalten der Betroffenen nicht mehr beherrscht. Soziale Phobien sind mit beiden Therapien sehr gut behandelbar. Teilweise sind wenige Termine ausreichend, um die Symptome spürbar zu lindern.
Angst vorm Telefonieren ist gar nicht so selten und wird oft verschwiegen, dabei ist die Phobie mit geringem Aufwand gut zu behandeln. Wagt den ersten Schritt, denn ständiges Vermeidungsverhalten kann eure Angst sogar noch verfestigen.
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