Ein Pendler steigt in den Zug ein
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Ein Pendler steigt in den Zug ein
In Deutschland wohnen, im Nachbarland arbeiten

Grenzgänger im Berufsleben

Grenzgänger pendeln täglich zwischen den Ländern – wir beleuchten für dich die Vor- und Nachteile eines Jobs im Nachbarland. Jetzt mehr erfahren!

Sicherlich hast du schon einmal daran gedacht, im Ausland zu arbeiten oder eine Ausbildung im Ausland zu machen. Wer nicht ganz weit weg möchte und in Europa bleiben will, kommt nicht drum herum, die zahlreichen Nachbarländer Deutschlands ins Auge zu fassen. Wer sich dann noch mehr zur Heimat hingezogen fühlt und den Wohlfühlbereich ungern verlässt, wird darüber nachdenken, weiterhin in Deutschland zu wohnen – und in einem Nachbarland zu arbeiten. Diese Personen werden auch als Grenzgänger bezeichnet, da sie täglich zwischen mehreren Ländern pendeln. Wir zeigen dir, welche Faktoren du bei der Abwägung berücksichtigen solltest und was du nach der Entscheidung beachten musst.

 

Arbeiten im Nachbarland – wo sind die Verdienstmöglichkeiten am besten?

Ein Grund für ein ausländisches Engagement kann der finanzielle Vorteil sein, der einige Nachbarländer Deutschlands sehr lukrativ macht. Allen voran bietet die Schweiz sehr hohe Gehälter, die durch das Verhältnis des Schweizer Franken zum Euro das Land noch interessanter für ein Arbeitsverhältnis gestalten. Durch die Aufhebung der Bindung des Franken an den Euro ist dessen Wert im Vergleich zum Euro in die Höhe geschossen und lockt so mit sehr attraktiven Gehältern. Das macht die Schweiz zu einem lukrativen Arbeitsland, wobei noch dazukommt, dass die Lebenshaltungskosten dort in aller Regel höher als in Deutschland sind. Wer also z. B. von Freiburg oder Lörrach nach Basel pendelt, profitiert von im Vergleich günstigeren Kosten für Wohnung, Lebensmittel und Co. und streicht trotzdem ein höheres Gehalt ein. Weitere Nachbarländer Deutschlands mit guten Verdienstmöglichkeiten sind Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und Belgien.

Ein Pendler arbeitet an einer Zugstation
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Ein Pendler arbeitet an einer Zugstation

Wohnsituation – wo sind die Mieten am günstigsten?

Die Wohnsituation ist ein weiterer Faktor, der dich eventuell zum Pendeln bewegt. In Ländern wie der Schweiz und Dänemark sind die Gehälter zwar höher – aber die Miet- bzw. Wohnkosten auch. Die Wohnungssuche im Ausland gestaltet sich zudem oftmals schwierig, da inländische Mieter:innen häufig bevorzugt werden und in Grenzgebieten gelegene Orte wenig Leerstand haben. Daher erscheint das Wohnen in Deutschland als interessante Alternative. Berücksichtigt werden muss jedoch die Entfernung zum Arbeitsort. Die tägliche Pendelei verschlingt Geld und Zeit – zwei entscheidende Lebensfaktoren. Von daher sollten die Kosten für die Fahrt abgewogen und ins Verhältnis zu den Mietkosten im Ausland gesetzt werden. Die Pendelkosten können in Deutschland allerdings in Form der Pendlerpauschale steuerlich geltend gemacht werden. In Ausnahmefällen gilt zudem das Deutschlandticket für die Fahrt ins Ausland mit dem ÖPNV.

Geld
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Geld

Aufenthaltserlaubnis und Grenzgängerbewilligung

Grundsätzlich sieht das europäische Arbeitsrecht vor, dass du als EU-Bürger:in in allen Mitgliedstaaten arbeiten darfst. Du hast zudem die Möglichkeit, dich in dem Nachbarland niederzulassen. Meist sind dafür weder Arbeitserlaubnis noch Visum notwendig.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen. In der Schweiz musst du zum Beispiel eine unbefristete Arbeitsstelle vorweisen, um eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zu bekommen und dir eine Wohnung suchen zu dürfen. Zudem musst du beim Arbeitgeber in der Schweiz eine Grenzgängerbewilligung beantragen. Diese ist Pflicht, wenn du in der Schweiz arbeitest und in Deutschland wohnst. Dazu sind der Arbeitsvertrag, ein Lichtbildausweis und die Wohnsitzbescheinigung in Deutschland notwendig.

Lebenshaltungskosten – wo sind sie am günstigsten?

Die Lebenshaltungskosten können sich in den Nachbarländern stark von Deutschland unterscheiden. Diese sind mit Ausnahme der osteuropäischen Nachbarstaaten bei allen Ländern höher oder zumindest auf einem ähnlichen Level. Von daher solltest du gründlich abwägen, wie viel beispielsweise die Lebensmittel im Supermarkt kosten. Zudem willst du sicher einmal ausgehen oder dir neue Kleidung zulegen. In der Schweiz ist zum Beispiel mit einem Aufschlag von 20 bis 30 Prozent zu rechnen – ein Wert, der einen großen Unterschied ausmacht und Deutschland als Wohnort lukrativ macht.

Eine Bankkarte
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Eine Bankkarte

Arbeiten im Nachbarland – wo sind Steuern zu zahlen?

Grundsätzlich gilt, dass Steuern primär in dem Land gezahlt werden, in dem du arbeitest. Zwischen den europäischen Staaten gibt es jedoch häufig Doppelbesteuerungsabkommen. Diese bestimmen, in welchem Land die Steuern zu zahlen sind. Diese sind immer nur zwischen zwei angrenzenden Staaten geschlossen, was die inhaltliche Gestaltung sehr variieren lässt. Mit Ausnahme von Liechtenstein hat Deutschland mit allen umliegenden Staaten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Eine Ausnahme stellen Grenzgänger dar, bei denen die Steuerlast im Land des Wohnsitzes zu erbringen ist. Wenn du also in Deutschland an der Grenze wohnst und beispielsweise in Österreich arbeitest, bist du in Deutschland steuerpflichtig.

Teilweise behalten sich jedoch Länder vor, in Form von Doppelbesteuerungsabkommen einen gewissen Satz des Bruttolohns als Quellensteuer einzubehalten. Dieses Abkommen gilt beispielsweise zwischen Deutschland und der Schweiz. Diese Quellensteuer kann jedoch in Deutschland angerechnet werden. Wichtig ist, dass du dich vorab als Grenzgänger beim deutschen Finanzamt anmeldest. Die ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung kann anschließend beim Arbeitgeber eingereicht werden. Informiere dich also vorab, welches Abkommen es zwischen Deutschland und dem Land gibt, in dem du arbeiten willst.

Sozialsysteme – wo greift die Versicherung?

In Deutschland sowie in allen Nachbarstaaten gibt es eine Versicherungspflicht, du musst dich also versichern lassen. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU haben unterschiedliche Sozialsysteme, was die Pflichtbeiträge für Arbeitslosen-, Renten- und Krankenkasse anbelangtGrundsätzlich gilt das Territorialprinzip – du versicherst dich in dem Land, auf dessen Territorium du arbeitest.

Als Grenzgänger stellt sich dir aber auch hier die Frage, in welchem Land du dich versichern musst. Tatsächlich hast du die Wahl – ein sogenanntes Optionsrecht räumt dir eine dreimonatige Wahlfrist ein, in der du dich entscheiden musst, in welchem Land du dich versichern lassen willst. Prüfe jedoch unbedingt vorab, ob deine Versicherungen auch im Ausland gültig sind, und kontaktiere zur Not das Arbeitsamt vor Ort. Private Krankenversicherungen greifen meist in allen europäischen Staaten. In der Schweiz fällt beispielsweise der Arbeitgeberanteil weg, du musst als Arbeitnehmer:in die Kosten tragen. Mit der europäischen Krankenversichertenkarte kannst du außerdem in einem der übrigen 26 EU-Mitgliedstaaten sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz unter Berücksichtigung der dortigen Aufenthaltsdauer medizinisch notwendige Sachleistungen (ambulante, zahnärztliche und stationäre Behandlungen, Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel) in Anspruch nehmen.

Rentenversicherungen werden in allen europäischen Staaten ausgezahlt, in denen du in die Rentenkasse eingezahlt hast. Solltest du also deine Pflichtbeiträge in dem Land gezahlt haben, in dem du arbeitest, und in dem Land, in dem du wohnst, stehen dir Rentenbeiträge aus beiden Staaten zu. 

Bankkonto – Wo geht das Gehalt ein?

Innerhalb der EU reicht dir in der Regel ein Bankkonto in dem Land, in dem du wohnst. Manchmal musst du dir jedoch ein Konto in beiden Ländern zulegen. Ein Beispiel dafür ist die Schweiz. Die Gehaltszahlung erfolgt in der Regel auf das ausländische Konto, Fixkosten wie Miete und Versicherungen werden jedoch vom deutschen Konto abgebucht. Für Ausländer:innen erheben einige Banken jedoch hohe Extragebühren – davon sind auch Grenzgänger:innen betroffen.

Gesetzeslage – Welches Recht gilt?

Im Alltag finden natürlich die Gesetze beider Länder Anwendung – also des Landes, in dem du wohnst, und des Landes, in dem du arbeitest. Sozialversicherungsansprüche, Einkommensteuer und Beschäftigung werden nach der Gesetzeslage des Arbeitslandes behandelt. Aufenthaltsangelegenheiten und Vermögensteuern gelten nach dem Land, in dem du wohnst.

Justizia
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Justizia

Anerkennung von Ausbildungen – Gelten Abschlüsse auch im Ausland?

Die EU gibt zwar allgemeine Regeln vor – in der Praxis werden Diplome und Berufsausbildung in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU jedoch unterschiedlich anerkannt. Bei Studienabschlüssen wurde durch die Bologna-Richtlinien mit dem Bachelor- und Master-System ein einheitliches Abschlusssystem eingeführt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen wie beispielsweise das Jura- oder Medizinstudium. Bei Berufsausbildungen herrscht noch weniger Standardisierung, da diese stark von nationalen Unterschieden abhängig sind. Bei Unklarheiten kannst du in dem Land, in dem du arbeiten willst, einen Antrag auf Anerkennung deiner Qualifikationen stellen. Dabei kannst du aufgefordert werden, diese durch Prüfungen, Eignungstests oder Arbeitsproben nachzuweisen.

 

Bewerben im Ausland – was ist zu beachten?

In den umliegenden Ländern Deutschlands werden häufig zweisprachige Arbeitnehmer:innen gesucht. Deutsche Arbeitskräfte sind zudem aufgrund ihres Rufes als fleißige und zuverlässige Angestellte und wegen der ausgezeichneten Ausbildung im Ausland gern gesehen.

Die Arbeitsmärkte in den einzelnen Ländern der Europäischen Union unterscheiden sich in Kultur, Gepflogenheiten, Anforderungen und Normen. Was in Deutschland unbedingt in die Bewerbungsunterlagen muss, kann dich in anderen Ländern manchmal benachteiligen. Informiere dich also unbedingt im Vorfeld, was du beim Bewerben im Ausland beachten musst. Gleich ist jedoch in jedem Land, dass du über relevante Qualifikationen, Stärken und hervorragende Sprachkenntnisse des Ziellandes verfügen solltest.

Fazit

Wenn du als Grenzgänger in Deutschland wohnen und in einem der neun Nachbarländer arbeiten willst, gilt es, einige Kostenfaktoren abzugleichen. Einige Staaten wie die Schweiz oder Luxemburg locken mit hohen Gehältern, haben aber auch hohe Miet- und Lebenshaltungskosten, was das Pendeln aus Deutschland attraktiver macht. Andererseits hast du als Grenzgänger:in einen hohen bürokratischen Aufwand, was Kassen und Steuern anbelangt. Die tägliche Pendelei ist zudem ein Faktor, der Geld und Zeit kostet – bei einem zu weiten Arbeitsweg lohnt sich daher vielleicht sogar ein Umzug oder du bleibst einfach im Homeoffice.

Hier nochmal die wichtigsten Fakten, wenn du Karriere im Ausland machen, aber in Deutschland wohnen bleiben willst

  • Grenzgänger wohnen in Deutschland und arbeiten in einem Nachbarland.
  • Nachbarländer wie Schweiz oder Dänemark bieten gute Verdienstmöglichkeiten an.
  • Die Lebenshaltungskosten sind in fast allen Nachbarstaaten Deutschlands höher oder ähnlich hoch.
  • Zwischen einzelnen Staaten der EU gibt es Doppelbesteuerungsabkommen zur Regelung der Steuerlast.
  • Bei der Wahl der Versicherungen gilt das Territorialprinzip mit Optionsrecht.
  • Es gibt, anders als bei den meisten Studiengängen, keine einheitliche europäische Anerkennung von Diplomen und Berufsausbildungen.
  • Es gibt Unterschiede in Kultur, Gepflogenheiten und Anforderungen bei Auslandsbewerbungen.
  • Kostenabwägung zwischen Pendeln und Umzug ist wichtig.