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Skurrile Jobtitel, die tatsächlich existieren

Titelwahn extrem

Director of First Impressions, Sultan of Spin oder Sales Crusader - Jobtitel wie diese klingen nach Bullshit! Und doch sind sie in der heutigen Arbeitswelt keine Ausnahme.

Hauptsache Head of Irgendwas

Wer beruflich etwas auf sich hält, heißt entsprechend - möglichst Chief, Head of oder etwas Kryptisches. Denn längst ist dröges Deutsch in der Jobwelt passé, statt einer beschreibenden Berufsbezeichnung muss es heutzutage ein englischer Jobtitel sein. Und immer häufiger sind die Anglizismen abenteuerlich. Egal, wenn die Mitwelt lost in translation ist - cool klingt es trotzdem, denken die Titelträger. Bloß woher kommt der Titelwahn?

Angefangen hat alles bei Apple. In den 80ern wollte das Technologieunternehmen althergebrachte Bürohierarchien aufbrechen und der erste skurrile Jobtitel entstand: Chief Evangelist. Seitdem herrscht im Silicon Valley eine Art Wettbewerb in Sachen Titel-Kreativität. Wie verbale Orden werden dort einfallsreiche Titel verliehen, zur Motivationssteigerung und Wertschätzung der Angestellten. Gleichzeitig erfüllen die unkonventionellen Berufsbezeichnungen zwei weitere Funktionen: Auf einem hart umkämpften Markt betonen sie die Individualität einer Firma. Und potenziellen Bewerbern suggerieren verspielte Jobtitel ein innovatives, aufgeschlossenes Arbeitsumfeld, in dem Skills mehr als Berufserfahrung zählen. Doch der Titelwahn kann auch schaden.

Erstens füttert niemand die Suchmaschine mit Begriffen wie Director of First Impressions, Sultan of Spin oder Sales Crusader, stattdessen sucht man nach den stinknormalen Entsprechungen: Rezeptionist, Pressesprecher und Verkäufer. Äußerst kreativ formulierte Jobinserate können daher wie Blei im Jobpool liegen. Zweitens haben skurrile Jobtitel im deutschen Sprachraum das Potenzial Bewerber zu verwirren. Dass Jobsuchende längere Zeit damit zubringen kryptische Berufsbezeichnungen in englischer Sprache zu entschlüsseln, ist zweifelhaft. Wahrscheinlicher ist, dass sie auf der Suche nach den vertrauten traditionellen Titeln einfach weiterklicken. Denn die schaden auch der weiteren Karriere nicht - oder wie bewirbt man sich bei bodenständigen Unternehmen, wenn sich lauter skurrile Jobtitel im eigenen Lebenslauf häufen?

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10 skurrile Jobtitel: Tief in die texterische Trickkiste gegriffen

Kaum zu glauben, aber diese kryptischen Jobtitel gibt es wirklich:

1. Digital Prophet (AOL) - versucht digitale Trends vorauszusagen
2. Chief Robot Whisperer (Savioke) - verleiht Maschinen ein Stück Menschlichkeit
3. Chief Heart Officer (VaynerMedia) - vermittelt Angestellten täglich via E-Mail, Telefon und SMS, dass die Firma ihre Arbeit wertschätzt
4. Master Schedulder (SpaceX) - sorgt dafür, dass alles nach Plan läuft
5. Chief Listening Officer (diverse) - lauscht, was in den sozialen Medien abgeht
6. Head of Customer Success (diverse) - minimiert die Kundenverlustrate
7. Chief Happiness Officer (diverse) - macht die Mitarbeiter glücklich
8. Traffic Manager (diverse) - organisiert den Fluss von Werbemaßnahmen
9. Technology Evangelist (diverse) - versucht der Konkurrenz technisch immer eine Nasenlänge voraus zu sein
10. Experience Designer (diverse) - sorgt für einfache Bedienbarkeit bei (digitaler) Technik

Wenn das Titeltuning schiefgeht: Auswüchse beim Titelwahn

Und dann gibt es skurrile Jobtitel, die unfreiwillig für Komik sorgen. Etwa wenn Angestellte einer Fast-Food-Kette plötzlich Sandwich Artist (Subway) oder Dean of Pizza (Pizza Hut) heißen. Lächerlich wird es auch, wenn Normalo-Jobs mit Superlativen betitelt werden, wie beispielsweise im Apple-Store. Wer sein iPhone oder MacBook reparieren lassen muss, wird von einem Genius an der Genius Bar bedient. Und auch IOS Ninjas, Java Jedis und Marketing Gurus klingen für viele einfach absurd. Wozu dieser Titelwahn?

Fazit: Ein Titel kostet nichts

Auch wenn einige der unkonventionellen Jobtitel auf den ersten Blick cool klingen und sich ihre Träger dadurch wahrscheinlich sofort wichtiger fühlen, ist der Titelwahn nur ein Ablenkungsmanöver. Denn ein neuer, cooler Titel ist aus Unternehmenssicht extrem günstig - andere Maßnahmen zur Motivationssteigerung kosten hingegen Geld. So kann hinter den vielen großspurig klingenden Jobtiteln in Wahrheit nicht Wert-, sondern Geringschätzung stecken.