Darf mein Arbeitgeber beim neuen Chef anrufen?
Ist es eigentlich erlaubt, dass potenzielle neue Arbeitgeber beim alten Erkundigungen einholen? Wir verraten dir, was erlaubt ist und was nicht.
Ist es eigentlich erlaubt, dass potenzielle neue Arbeitgeber beim alten Erkundigungen einholen? Wir verraten dir, was erlaubt ist und was nicht.
Bevor du voller Vorfreude in deinen neuen Job startest, musst du oft erst den Bewerbungsprozess durchlaufen. Dabei stellst du dir vielleicht die Frage: Dürfen meine potenziellen neuen Arbeitgeber:innen eigentlich bei meinem aktuellen oder früheren Arbeitgeber anrufen? Was ist erlaubt, und wie steht es um Privatsphäre und Datenschutz? Gerade beim Jobwechsel ist Diskretion entscheidend – schließlich möchtest du nicht, dass dein jetziger Arbeitgeber erfährt, dass du wechselst, bevor alles in trockenen Tüchern ist.
Dass so manche Personalverantwortlichen sich gerne über ihre Bewerber:innen erkundigen möchte, ist sicher verständlich. Aber dürfen sie das überhaupt? Die Frage, ob Nachfragen bei früheren Arbeitgeber:innen erlaubt ist, ist nicht eindeutig mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten. Es gibt keine gesetzliche Regelung für diesen Fall. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise gilt als umstritten.
Grundsätzlich dürfen neue Arbeitgeber:innen nur Informationen bei Dritten über dich einholen, wenn du zustimmst, andernfalls schützt dich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Du hast zudem das Recht, zu erfahren, welche Fragen gestellt wurden. Besonders tricky wird es, wenn du deinen alten Job noch nicht gekündigt hast. Deine bisherigen Vorgesetzten wissen noch nicht, dass du vorhast, den Job zu wechseln? Auch hier gilt: Sie dürfen keine Daten über dich an Dritte herausgeben. Er braucht deine Zustimmung dafür. Weiß dein Boss, dass du dich beruflich verändern möchtest, und du erlaubst ihm, während des Bewerbungsprozesses Auskünfte an zukünftige mögliche Arbeitgeber:innen zu erteilen? Dann ist das in Ordnung. Allerdings hat er laut Arbeitsrecht eine Fürsorgepflicht. Auch hier ist die Rechtslage nicht eindeutig – die am häufigsten vertretene Rechtsauffassung ist, dass die aktuellen Arbeitgeber:innen nur wahrheitsgemäße Angaben bzw. solche machen dürfen, die der Bewertung im Arbeitszeugnis nicht entgegenlaufen.
Neue Arbeitgeber:innen haben wie gesagt ein berechtigtes Interesse daran, sich über ihre Bewerber:innen zu informieren – doch hierzulande gilt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das bedeutet, dass jede:r selbst entscheiden darf, welche Informationen weitergegeben werden und welche nicht. Du hast das Recht, selbst zu bestimmen, ob und welche personenbezogenen Daten verwendet und preisgegeben werden dürfen. Grundsätzlich müssten potenzielle neue Arbeitgeber:innen also deine Einwilligung einholen, bevor sie deinen ehemaligen oder sogar aktuellen Arbeitgeber kontaktieren. In der Praxis sieht das oft anders aus. Häufig werden Bewerber:innen nicht gefragt, ob sie mit einem Anruf beim alten Arbeitgeber einverstanden sind. Doch warum machen Arbeitgeber:innen das eigentlich?
Es gibt mehrere Gründe, warum sie Informationen beim früheren Arbeitgeber einholen möchte. Ein häufiger Grund sind Auffälligkeiten im Lebenslauf. In den meisten Fällen sind die Angaben zwar korrekt, doch Zweifel können aus unterschiedlichen Gründen aufkommen: Hat die Person wirklich an all diesen Projekten mitgearbeitet? Hat sie trotz wenig Erfahrung und kurzer Beschäftigungsdauer tatsächlich so gute Leistungen erbracht, wie sie im Arbeitszeugnis stehen? Ein Anruf beim früheren Arbeitgeber kann hier für Klarheit sorgen. Falsche Angaben in Bewerbungen sind keine Seltenheit und lassen sich ohne Kontaktaufnahme mit den betreffenden Ex-Arbeitgeber:innen oft nur schwer überprüfen. Besonders in diesen Bereichen wird gerne getrickst:
Das Frisieren des Lebenslaufs dient oft dazu, Schwächen zu kaschieren. Doch allzu perfekte Lebensläufe wecken bei Personalverantwortlichen schnell Misstrauen. Wer den Drang verspürt, bei der Bewerbung zu schummeln, sollte sich das besser verkneifen. Kommt ans Licht, dass du gelogen hast, kannst du den Job direkt abhaken. Neben Unsicherheiten bezüglich der beruflichen Qualifikation und Unstimmigkeiten im Lebenslauf gibt es noch weitere Gründe, warum ein fragender Anruf beim früheren Arbeitgeber ankommen könnte. Diese können zum Beispiel sein:
Das Arbeitsrecht gibt keine klare Antwort darauf, ob das einstellende Unternehmen beim aktuellen Arbeitgeber nachfragen darf, dies ist ein oft kursierender Irrglaube. Ob dein neues Unternehmen bei alten oder derzeitigen Arbeitgeber:innen anrufen darf, hängt stark davon ab, ob du zugestimmt hast und ob das Arbeitsverhältnis noch besteht.
Falls du noch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis stehst, darf deine aktuelle Arbeitsstelle nicht ohne deine ausdrückliche Zustimmung kontaktiert werdenen. Das liegt daran, dass du das Recht hast, selbst zu entscheiden, wann und wie du deinen Wechsel kommunizieren möchtest. Ohne dein Einverständnis wäre ein solcher Kontakt ein Eingriff in deine Privatsphäre. Es könnte deinen Ruf gefährden und dein derzeitiges Arbeitsverhältnis belasten, falls der Wechsel noch nicht offiziell ist.
Auch bei einem ehemaligen Arbeitsverhältnis gilt, dass die Kontaktaufnahme im Prinzip nur mit deiner Zustimmung erfolgen sollte. Wenn das neue Unternehmen ohne dein Wissen bei einer alten Station aus deinem Lebenslauf anruft, kann dies eine Verletzung deines Persönlichkeitsrechts darstellen. Frühere Arbeitgeber:innen dürfen nur dann Auskünfte geben, wenn du zugestimmt hast oder wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt – etwa, wenn du im Bewerbungsverfahren falsche Angaben gemacht hast. In diesem Fall könnte es sein, dass alte Arbeitgeber:innen auf Anfragen reagieren dürfen, um dein neues Unternehmen vor Schaden zu bewahren.
In beiden Fällen dürfen Arbeitgeber:innen in der Regel nur Informationen über deine Leistung und dein Verhalten am Arbeitsplatz weitergeben, die auch im Arbeitszeugnis zu finden sind. Sensible Daten wie deine Krankheitsgeschichte oder private Angelegenheiten (z. B. Details aus deiner Personalakte) dürfen weder abgefragt noch weitergegeben werden, selbst wenn du dem Kontakt zustimmst.
Es gibt jedoch auch klare gesetzliche Pflichten zur Auskunft, zum Beispiel bei Anfragen von Behörden oder im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, wo die Auskunftserteilung zwingend erforderlich ist.
Beispiel: Wenn du in einem Vorstellungsgespräch angibst, in deinem alten Job bestimmte Fähigkeiten oder Positionen ausgeführt zu haben, die nicht stimmen, könnte das Gegenüber dies als berechtigtes Interesse ansehen, um bei alten Arbeitgeber:innen nachzufragen. In solchen Fällen wäre die Auskunft, unter Umständen, auch ohne Zustimmung möglich – dies ist jedoch eine Ausnahme.
Ob neue Arbeitgeber:innen überhaupt bei ehemaligen Stationen aus deiner Vita nachfragen dürfen, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Wenn du dich in einem bestehenden Arbeitsverhältnis bewirbst und noch nicht gekündigt hast, solltest du bereits im Anschreiben um vertrauliche Behandlung deiner Unterlagen bitten. Wichtig ist, dass du in deinem Lebenslauf stets bei der Wahrheit bleibst und dich nicht zu Falschangaben verleiten lässt – das könnte später unangenehme Folgen haben. Ein offener und ehrlicher Bewerbungsprozess ist immer die beste Grundlage für eine erfolgreiche berufliche Veränderung. Schummeleien mögen kurzfristig verlockend wirken, können aber langfristig das Vertrauen und deine Chancen auf eine gute Zusammenarbeit gefährden.