Universitätsabsolventen halten ihre Hüte in die Luft
Leon Wu / Unsplash
Universitätsabsolventen halten ihre Hüte in die Luft

Studienzeit: Wirklich die beste Zeit des Lebens?

Die meisten Akademiker definieren ihre Studienzeit als beste Zeit des Lebens. Was ist an dieser Behauptung wahr und wie sieht der Alltag von Studententen wirklich aus? Wir liefern Antworten.

Das Phänomen der Verdrängung

Jeder Psychologiestudent lernt bereits im ersten Semester, dass Menschen sich immer gerne an angenehme Ereignisse im Leben erinnern und unangenehmes aus dem Bewusstsein verdrängen. Könnte es daher nicht sein, dass Senioren das Studieren als schönste und beste Zeit des Lebens betrachten, weil sie systematisch alle negativen Aspekte aus ihrer Vorstellung verbannen? 

Zum besseren Verständnis: Eine Mutter wird das Aufwachsen ihrer Kinder in der Regel als außerordentlich schönen Lebensabschnitt in Erinnerung haben und nur sekundär an die damit verbundenen Anstrengungen denken. 

Zudem ist das Studentenleben der Gegenwart nicht mit dem in den 1970er Jahren zu vergleichen. Aber seht selbst, wie euer Leben als Student aussehen könnte.

Wie sieht für durchschnittliche Studenten der Alltag aus?

Sofern ihr nicht über wohlhabende Eltern verfügt, die eure gesamten Kosten beim Studium übernehmen, werden die Semester mit doppelter Belastung angefüllt sein. Die Unterkunft ist in Städten mit Uni besonders teuer und staatliche Zuwendungen reichen kaum für die Miete aus. Ihr müsst euren Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs verdienen, weil für geregelte Tätigkeiten oft keine Zeit bleibt. 

Je nach Studienfach müssen täglich oder mehrmals in der Woche Vorlesungen besucht werden, bei denen oft Anwesenheit verpflichtend ist. Danach stehen Hausarbeiten und weiteres Lernen auf der Agenda. Zwischendurch müsst ihr des lieben Geldes wegen mehrere Stunden jobben und mit sportlicher Betätigung für die Gesundheit sorgen. 

Für viele Studenten beginnt der Alltag um sechs Uhr morgens und dauert 14 Stunden. Vor großen Prüfungen muss erheblich mehr gelernt werden, vom Fach abhängig sind auch Praktika zu absolvieren. Der Erfolgsdruck ist heutzutage deutlich höher als in früheren Jahren, für wilde Partys bleibt, wenn überhaupt, nur wenig Zeit. 

Für Studenten aus reichem Elternhaus ist der Alltag mit weniger Arbeit und mehr Freizeitvergnügen angefüllt. Die Glücklichen werden später wahrscheinlich auch ihre Studentenjahre als die beste Zeit des Lebens darstellen. Aber für durchschnittliche Studierende beginnt die tolle Zeit erst nach dem Studium. In der Regel legen Abiturienten mit dem erfolgreichen Studien-Abschluss erst den Grundstein für ein angenehmes Leben.

Studenten sitzen in einem Hörsaal
Dom Fou / Unsplash
 
Studenten sitzen in einem Hörsaal

Die Vorteile des Studierens

Ihr könnt euch die Zeit als Studenten weitgehend frei einteilen und erwerbt an der Uni Kenntnisse, die im Berufsleben sehr vorteilhaft sind. Die Theorie wird durch Vorlesungen vermittelt, das Praktikum gibt einen realistischen Einblick in die spätere Tätigkeit. 

Den Jahren des Lernens folgt meist ein steiler Aufstieg, weil bei besser dotierten Jobs fast immer Universitäts-Abschluss vorausgesetzt wird. Führungspositionen sind heutzutage ausschließlich mit Akademikern besetzt, ihr habt also gute Chancen, auf der Karriereleiter ganz nach oben zu kommen. 

Auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten müsst ihr nur sehr selten mit Arbeitslosigkeit rechnen, Absolventen der Haupt- oder Realschule werden häufiger freigestellt als Universitäts-Abgänger. Akademiker verdienen nicht nur besser, sie profitieren im Privatleben auch vom höheren Status. Darüber hinaus beginnt für viele junge Menschen mit dem Studium der Einstieg in das selbstständige und eigenverantwortliche Leben. Also doch die beste Zeit des Lebens?

Junge Menschen stoßen miteinander an
John Arano / Unsplash
Junge Menschen stoßen miteinander an

Die Nachteile des Studentenlebens

Nachteilig sind für durchschnittliche Studenten die hohen Kosten, welche oft selbst erwirtschaftet werden müssen. BAföG ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen erreichbar, aber das bedeutet mittlerweile, mit Schulden ins Berufsleben zu starten. Viele Studenten müssen Gelderwerb und Lernen geschickt miteinander vereinen und absolvieren lange Zeit arbeitsreiche Tage mit selbst auferlegter Disziplin. 

Ein weiteres Problem ist das oft unklare Berufsbild. An der Uni wird zwar qualitativ hochwertige Theorie vermittelt, aber in welchen Berufen das Wissen praktisch umgesetzt werden kann, ist vielen Studenten unbekannt. Wer jedoch Vorlesungen und Lernen mit Jobs verbinden muss, hat für Praktika einfach keine Zeit mehr.

Ist das Studium wirklich die beste Zeit des Lebens?

Die Antwort auf diese Frage hängt vom Standpunkt ab. Im Nachhinein wird die Aussage oft mit dem Blick durch die rosarote Brille getroffen. Wer sich voll auf den Erfolg im Studium konzentriert, hat nicht so viel Zeit für Partys wie jemand, der auch mal Vorlesungen ausfallen lässt. Dennoch ist das Studium insgesamt sicherlich eine besondere Zeit, die für immer in (zumeist) positiver Erinnerung bleibt.

Fazit

Studieren ist objektiv betrachtet nicht zwangsläufig die beste Zeit des Lebens, aber ein Abschnitt, in dem die Weichen für Karriere und Privatleben gestellt werden und dennoch Zeit für die ein oder andere Party bleibt. Je intensiver ihr euch in der Studienzeit mit dem beruflichen Weiterkommen befasst, umso fester wird eure Grundlage fürs Leben.