Ein Pendler steigt in den Zug ein
Andrea Piacquadio / pexels
Ein Pendler steigt in den Zug ein
Grenzgänger

In Deutschland wohnen, im Nachbarland arbeiten

Grenzgänger pendeln täglich zwischen den Ländern - wir beleuchten für euch die Vor- und Nachteile eines Jobs im Nachbarland.

Einige von euch reizt es sicherlich, im Ausland zu arbeiten oder eine Ausbildung im Ausland zu machen. Wer nicht ganz weit weg möchte und in Europa bleiben will, kommt nicht drum herum, die zahlreichen Nachbarländer Deutschlands ins Auge zu fassen. Wer sich dann noch mehr zur Heimat hingezogen fühlt und den Wohlfühlbereich ungern verlässt, wird darüber nachdenken, weiterhin in Deutschland zu wohnen – und in einem Nachbarland zu arbeiten. Diese Personen werden auch als Grenzgänger bezeichnet, da sie täglich zwischen mehreren Ländern pendeln. Wir zeigen euch, welche Faktoren ihr bei der Abwägung berücksichtigen solltet und was ihr nach der Entscheidung beachten müsst.

 

Arbeiten im Nachbarland – Wo sind die Verdienstmöglichkeiten am besten?

Ein Grund für ein ausländisches Engagement kann der finanzielle Vorteil sein, der einige Nachbarländer Deutschlands sehr lukrativ macht. Allen voran bietet die Schweiz sehr hohe Gehälter, die durch den Anstieg des Franken das Land noch interessanter für ein Arbeitsverhältnis gestalten. Durch die Aufhebung der Bindung des Franken an den Euro ist dessen Wert im Vergleich zum Euro in die Höhe geschossen und lockt so mit Gehaltserhöhungen von bis zu 15 Prozent. Das macht die Schweiz zu einem lukrativen Arbeitsland. Weitere Nachbarländer Deutschlands mit guten Verdienstmöglichkeiten sind Dänemark, Luxemburg, Niederlande und Belgien.

Ein Pendler arbeitet an einer Zugstation
MART PRODUCTION / pexels
Ein Pendler arbeitet an einer Zugstation

Wohnsituation – Wo sind die Mieten am günstigsten?

Die Wohnsituation ist ein Faktor, der euch eventuell zum Pendeln bewegt. In Ländern wie der Schweiz und Dänemark sind die Gehälter zwar höher – aber die Mietkosten auch. Die Wohnungssuche im Ausland gestaltet sich zudem oftmals schwierig, da inländische Mieter häufig bevorzugt werden und in Grenzgebieten gelegene Orte wenig Leerstand haben. Daher erscheint das Wohnen in Deutschland als interessante Alternative. Berücksichtigt werden muss jedoch die Entfernung zum Arbeitsort. Die tägliche Pendlerei verschlingt Geld und Zeit – zwei entscheidende Lebensfaktoren. Von daher sollten die Kosten für die Fahrt abgewogen und ins Verhältnis zu den Mietkosten im Ausland gesetzt werden. Die Pendelkosten können in Deutschland allerdings in Form der Pendlerpauschale steuerlich geltend gemacht werden.

Geld
cottonbro studio / pexels
 
Geld

Aufenthaltserlaubnis und Grenzgängerbewilligung

Grundsätzlich sieht das europäische Arbeitsrecht vor, dass ihr als EU-Bürger/in in allen Mitgliedstaaten arbeiten dürft. Ihr habt zudem die Möglichkeit, euch in dem Nachbarland niederzulassen. Meist sind dafür weder Arbeitserlaubnis noch Visum notwendig.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen. In der Schweiz müsst ihr zum Beispiel eine unbefristete Arbeitsstelle vorweisen, um eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zu bekommen und sich eine Wohnung suchen zu dürfen. Zudem müsst ihr beim Arbeitgeber im in der Schweiz eine Grenzgängerbewilligung beantragen. Diese ist Pflicht, wenn ihr in einem angrenzenden Land arbeitet und in Deutschland wohnt. Dazu sind der Arbeitsvertrag, ein Lichtbildausweis und die Wohnsitzbescheinigung in Deutschland notwendig.

Lebenshaltungskosten – wo sind sie am günstigsten?

Die Lebenshaltungskosten können sich in den Nachbarländern stark von Deutschland unterscheiden. Diese sind mit Ausnahme der osteuropäischen Nachbarstaaten bei allen Ländern höher. Von daher solltet ihr gründlich abwägen, wie viel beispielsweise die Lebensmittel im Supermarkt kosten. Zudem wollt ihr sicher einmal ausgehen oder euch neue Kleidung zulegen. In der Schweiz ist zum Beispiel mit einem Aufschlag von 20-30 Prozent zu rechnen – ein Wert, der einen großen Unterschied ausmacht und Deutschland als Wohnort lukrativ macht.

Eine Bankkarte
pixabay / Pexels
Eine Bankkarte

Arbeiten im Nachbarland – Wo sind Steuern zu zahlen?

Grundsätzlich gilt, dass Steuern primär in dem Land gezahlt werden, in dem ihr arbeitet. Zwischen den europäischen Staaten gibt es jedoch häufig Doppelbesteuerungsabkommen. Diese bestimmen, in welchem Land die Steuern zu zahlen sind. Diese sind immer nur zwischen zwei angrenzenden Staaten geschlossen, was die inhaltliche Gestaltung sehr variieren lässt.  Mit Ausnahme von Liechtenstein hat Deutschland mit allen umliegenden Staaten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Eine Ausnahme stellen Grenzgänger dar, bei denen die Steuerlast im Land des Wohnsitzes zu erbringen ist. Wenn ihr also in Deutschland an der Grenze wohnt und beispielsweise in Österreich arbeitet, seid ihr in Deutschland steuerpflichtig.

Teilweise behalten sich jedoch Länder vor, in Form von Doppelbesteuerungsabkommen einen gewissen Satz des Bruttolohns als Quellensteuer einzubehalten. Dieses Abkommen gilt beispielsweise zwischen Deutschland und der Schweiz Diese kann jedoch in Deutschland angerechnet werden. Wichtig ist, dass ihr euch vorab als Grenzgänger beim deutschen Finanzamt  anmeldet. Die ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung kann anschließend beim Arbeitgeber eingereicht werden. Informiert euch also vorab, welches Abkommen es zwischen Deutschland und dem Land gibt, in dem ihr arbeiten wollt.

Sozialsysteme – wo greift die Versicherung?

In Deutschland sowie in allen Nachbarstaaten gibt es eine Versicherungspflicht, ihr müsst euch also versichern lassen. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU haben unterschiedliche Sozialsysteme, was die Pflichtbeiträge für Arbeitslosen-, Renten- und Krankenkasse anbelangtGrundsätzlich gilt das Territorialprinzip – ihr versichert euch in dem Land, auf dessen Territorium ihr arbeitet.

Als Grenzgänger stellt ihr euch die Frage, in welchem Land ihr euch versichern müsst. Tatsächlich habt ihr die Wahl – ein sogenanntes Optionsrecht räumt euch eine dreimonatige Wahlfrist ein, in der ihr euch entscheiden müsst, in welchem Land ihr euch versichern lassen wollt. Prüft jedoch unbedingt vorab, ob eure Versicherungen auch im Ausland gültig sind, und kontaktiert zur Not das Arbeitsamt vor Ort. Private Krankenversicherungen greifen meist in allen europäischen Staaten. In der Schweiz fällt beispielsweise der Arbeitgeberanteil weg. Man muss als Arbeitnehmer die Kosten tragen. Es ist geplant, dass eine europäische Krankenversichertenkarte eingeführt wird, die für die gesamte EU gelten soll.

Rentenversicherungen werden in allen europäischen Staaten ausgezahlt, in denen ihr in die Rentenkasse eingezahlt habt. Solltet ihr also eure Pflichtbeiträge in dem Land gezahlt haben, in dem ihr arbeitet, und in dem Land, in dem ihr wohnt, stehen euch Rentenbeiträge aus beiden Staaten zu.  

Bankkonto – Wo geht das Gehalt ein?

Innerhalb der EU reicht euch in der Regel ein Bankkonto in dem Land, in dem ihr wohnt. Manchmal müsst ihr euch jedoch ein Konto in beiden Ländern zulegen. Ein Beispiel dafür ist die Schweiz. Die Gehaltszahlung erfolgt in der Regel auf das ausländische Konto, Fixkosten wie Miete und Versicherungen werden jedoch vom deutschen Konto abgebucht. Für Ausländer erheben einige Banken jedoch hohe Extragebühren – davon sind auch Grenzgänger betroffen.

Gesetzeslage – Welches Recht gilt?

Im Alltag finden die Gesetze beider Länder Anwendung – also des Landes, in dem ihr wohnt, und des Landes, in dem ihr arbeitet. Sozialversicherungsansprüche, Einkommenssteuer und Beschäftigung werden nach der Gesetzeslage des Arbeitslandes behandelt. Aufenthaltsangelegenheiten und Vermögenssteuern gelten nach dem Land, in dem ihr wohnt.

Justizia
Tingey Injury Law Firm / unsplash 
Justizia

Anerkennung von Ausbildungen – Gelten Abschlüsse auch im Ausland?

Die EU gibt zwar allgemeine Regeln vor – in der Praxis werden Diplome und Berufsausbildung in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU jedoch unterschiedlich anerkannt. Bei Studienabschlüssen wurde durch die Bologna-Richtlinien mit dem Bachelor- und Master-System ein einheitliches Abschlusssystem eingeführt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen wie beispielsweise das Jura- oder Medizin-Studium. Bei Berufsausbildungen herrscht noch weniger Standardisierung, da diese stark von nationalen Unterschieden abhängig sind. Bei Unklarheiten könnt ihr in dem Land, in dem ihr arbeiten wollt, einen Antrag auf Anerkennung eurer Qualifikationen stellen. Dabei könnt ihr aufgefordert werden, diese durch Prüfungen, Eignungstests oder Arbeitsproben nachzuweisen.

 

Bewerben im Ausland –Was ist zu beachten?

In den umliegenden Ländern Deutschlands werden häufig zweisprachige Arbeitnehmer gesucht. Deutsche Arbeitskräfte sind zudem aufgrund ihres Rufes als fleißige und zuverlässige Angestellte und wegen der ausgezeichneten Ausbildung im Ausland gern gesehen.

 Die Arbeitsmärkte in den einzelnen Ländern der Europäischen Union unterscheiden sich in Kultur, Gepflogenheiten, Anforderungen und Normen. Was in Deutschland unbedingt in die Bewerbungsunterlagen muss, kann euch in anderen Ländern manchmal benachteiligen. Informiert euch also unbedingt im Vorfeld, was ihr beim Bewerben im Ausland beachten müsst. Gleich ist jedoch in jedem Land, dass ihr über relevante Qualifikationen, Stärken und hervorragende Sprachkenntnisse des Ziellandes verfügt.

Arbeiten im Nachbarland – gründliche Kostenabwägung

Wenn ihr als Grenzgänger in Deutschland wohnen und in einem der neun Nachbarländer arbeiten wollt, gilt es, einige Kostenfaktoren abzugleichen. Einige Staaten wie die Schweiz oder Luxemburg locken mit hohen Gehältern, haben aber auch hohe Miet-und Lebenshaltungskosten. Andererseits habt ihr dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand, was Kassen und Steuern anbelangt. Die tägliche Pendelei ist zudem ein Faktor, der Geld und Zeit kostet – bei einem zu weiten Arbeitsweg lohnt sich daher vielleicht sogar ein Umzug.

  • Grenzgänger wohnen in Deutschland und arbeiten in einem Nachbarland.
  • Nachbarländer wie Schweiz oder Dänemark bieten gute Verdienstmöglichkeiten an.
  • Die Lebenshaltungskosten sind in fast allen Nachbarstaaten Deutschlands höher.
  • Zwischen einzelnen Staaten der EU gibt es Doppelbesteuerungsabkommen zur Regelung der Steuerlast.
  • Bei der Wahl der Versicherungen gilt das Territorialprinzip mit Optionsrecht.
  • Es gibt keine einheitliche europäische Anerkennung von Diplomen und Berufsausbildungen.
  • Es gibt Unterschiede in Kultur, Gepflogenheiten und Anforderungen bei Auslandsbewerbungen.
  • Kostenabwägung zwischen Pendeln und Umzug ist wichtig.