Nein sagen will gelernt sein
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Nein sagen will gelernt sein
Keine Zeit für etwas? So sagst du es professionell

Nein sagen will gelernt sein.

Wer nicht "Nein" sagen kann und sich selbst ständig überfordert, muss lernen, Grenzen zu setzen und diese zu kommunizieren. So geht's

Im Berufsleben passiert es leider oft, dass du eine Aufgabe zugeteilt bekommst, die du nicht machen willst. Manchmal sind es lästige Aufgaben, die du erledigen musst, damit das Projekt weiter geht. Wird dir aber eine Aufgabe übertragen, die nicht in deine Aufgabenbeschreibung passt oder absolut nicht wichtig ist, ist es vielleicht an der Zeit, eine Grenze zu ziehen. Wir sagen dir, wie du lernst, zu sagen "Dafür habe ich keine Zeit".

Grenzen ziehen und Nein sagen – das sind die Situationen

Da reichst du einem Kollegen den kleinen Finger und er nimmt prompt die ganze Hand. Oder du wirst ständig um Hilfe gebeten, springst ein, wenn der Kollege etwas verbockt hat, tauschst Dienste und Schichten – und trotzdem ist es nie genug. Das ist die eine Seite davon, wenn du nicht Nein sagen und für dich selbst einstehen kannst. Der andere Fall ist, wenn dein Chef oder ein wichtiger Vorgesetzter etwas von dir will. Hier ist echtes Geschick erforderlich, um professionell eine Grenze zu setzen und mit Anstand abzulehnen. Aber überlege mal, was schlimmer ist: Schweigen, dich mit der Verantwortung überfordern und auszubrennen oder Nein sagen?

Sagst du nie Nein, wird niemand auf die Idee kommen, dass mit dir etwas nicht stimmt. Ziehst du Grenzen und lernst, Nein zu sagen, bestimmst du selbst, was du wann und wie möchtest. Sich abgrenzen bedeutet, Grenzen zu haben und diese bei Bedarf zu verteidigen. Frage dich mal:

  • Kenne ich meine Grenzen?
  • Kann ich meine Grenzen klar kommunizieren?
  • Wie reagiere ich, wenn andere meine Grenzen ignorieren und sich darüber hinwegsetzen?

Kannst du keine Bitte abschlagen, kann das ein Indiz dafür sein, dass du nicht Nein sagen kannst. Möglicherweise nimmst du gar nicht wahr, dass du deine Grenze erreicht hast und Zeit für dich brauchst. Um deine eigenen Grenzen besser wahrnehmen zu können, musst du dich selbst reflektieren. Es gibt Menschen, die die Grenzen anderer ignorieren. Gleichzeitig musst du aber darauf achten, deinen Job sorgfältig zu machen und nicht bei jeder Bitte deines Chefs überempfindlich zu reagieren und Nein zu sagen. Hier sind Feingefühl und Geschick gefragt, denn nicht jede Aufgabe überschreitet deine Grenzen!

Sich abgrenzen – das geht auch freundlich
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Sich abgrenzen – das geht auch freundlich

Wie kann ich lernen, Nein zu sagen?

1. Lerne, deine eigenen Grenzen zu wahren

Möchtest du dich besser abgrenzen, kann es helfen, dass du dir klarmachst, dass das auch deinem Gegenüber zugutekommt. Denn das heißt nicht, dass du unfreundlich bist, du kannst ein Nein auch freundlich vortragen und ggf. mit deinem Vorschlag verbinden. Mit dieser Vorgehensweise gewinnst du eher Freunde als mit einem erzwungenen Ja. So kannst du lernen, deine Grenzen zu wahren:

  • Achte auf deine Intuition. Dein Bauchgefühl will spontan "Nein" zu etwas sagen? Es lohnt es sich, um Bedenkzeit zu bitten und näher hinzuschauen.
  • Lass dir Zeit. Du musst nicht sofort antworten. Bitte um Bedenkzeit und frage dich, ob du die Bitte erfüllen willst und Kapazitäten dafür frei hast.
  • Sei klar in deinen Worten. Du kannst freundlich und diplomatisch vorgehen und musst dich weder rechtfertigen noch entschuldigen. Du kannst deine Entscheidung begründen oder Verständnis für das Unbehagen deines Gegenübers ausdrücken und dennoch bei deinem "Nein" bleiben.
     

2. Erkenne, wann ein Nein notwendig ist

Wie eben erwähnt, musst du erkennen, wann du dich wehren musst. Das ist der erste Schritt, um Nein sagen zu lernen. Fragt dich ein Vorgesetzter "Kannst du das bitte machen?", hören wir manchmal: "Du musst das sofort tun." Ist dein Chef vernünftig, kannst du ihm in der Regel Feedback geben. Um dich beruflich weiterentwickeln zu können, musst du nicht zu allem, was dein Chef verlangt, Ja sagen. Du musst lernen, seine Prioritäten mit deinen eigenen in Einklang zu bringen, denn schließlich weißt du selbst am besten, wie und woran du arbeitest. Manchmal ist Chefs auch nicht klar, dass die Art und Weise, wie sie ihre Bitte kurz vor Feierabend formulieren, dazu führen könnte, dass du die ganze Nacht durcharbeitest.

3. Übe dein Nein an Kollegen

Das ist unser ultimativer Tipp, um Nein sagen zu üben – insbesondere, wenn du deinem Chef mal Contra geben musst. Einem Kollegen zu sagen, dass du für etwas, um das du gebeten wurdest, keine Zeit hast, ist einfacher, als deinem Chef ein Nein entgegenzubringen, weil du deinen Kollegen nicht unterstellt bist. Versuche das mal.

Weißt du, dass du für eine Aufgabe, um die dich ein Kollege bittet, keine Zeit hast, kannst du einfach direkt sagen: "Es tut mir leid, ich kann dir im Moment nicht helfen" und aushandeln, dass du die Aufgabe zu einem späteren Zeitpunkt oder in einem anderen Umfang erledigst. Oder du verweist deinen Kollegen an jemanden, der stattdessen weiterhelfen könnte. Die Idee ist, freundlich und hilfsbereit zu sein, ohne Ja zu sagen, wenn du keine Zeit hast. Das Schlimmste, was du tun kannst, ist Ja zu etwas zu sagen, wofür du keine Zeit hast. Denn das bedeutet zusätzlichen Stress und führt wahrscheinlich dazu, dass sich das, was du eigentlich erledigen wolltest, verzögert.

4. Sag Nein zu deinem Chef – und biete ihm eine Lösung

Einem Chef gegenüber Nein zu sagen, geht besser, wenn du eine Lösung im Kopf hast. Werden Menschen von ihren Vorgesetzten mit Aufgaben überhäuft, besteht der Fehler darin, einfach zu sagen, "Ich habe keine Zeit dafür", ohne eine Lösung im Kopf zu haben. Denk dran, dass wenn du mit deinem Chef sprichst, eine andere Machtdynamik wirkt, als wenn du mit Kollegen sprichst. Gegenüber einem Kollegen kann der Ton informeller sein, mit Formulierungen wie "Hey, lass uns das gemeinsam angehen!" Bei einem Vorgesetzten hingegen musst du deine Bitte evtl. in eine Frage verpacken, z. B. "Können wir in einem gemeinsamen Termin besprechen, wie ich welche Prioritäten setzen soll?"

Sprichst du mit deinem Chef, hilft es, seine Entscheidungsbefugnis anzuerkennen und anzubieten, deine Prioritäten anzupassen. Du kannst z. B. sagen: "Wenn ich Ihnen jetzt dabei helfe, werde ich Projekt XY morgen abschließen – ist das für Sie in Ordnung?" Mach dir bewusst, dass dein Chef auch selbst viel zu tun hat und möglicherweise gar nicht ahnt, dass seine Bitte deine Sollbruchstelle ist. Eine Hilfe ist es auch, dass du dir über mehrere Wochen ansiehst, wie viel Zeit du für welche Aufgabe brauchst. Gibt es Aufgaben, für die viel Zeit draufgeht, die aber nicht unbedingt in deinen Aufgabenbereich gehören? Dann könntest du deinem Chef anbieten, diese Aufgaben auf andere Bereiche zu übertragen, damit du Zeit hast, seiner Bitte nachzukommen. 

Solltest du mit deinem Vorgesetzten in eine Auseinandersetzung geraten, hilft es, gemeinsam zur Geschäftsführung zu gehen. Du könntest etwas sagen wie "Ich habe eine andere Vorstellung davon, was meine Priorität ist – wenn wir uns nicht einig sind, können wir vielleicht gemeinsam zur Geschäftsführung gehen, um Klarheit zu schaffen. Ich möchte auf jeden Fall die höchste Priorität des Unternehmens unterstützen."

5. Lerne, dich emotional abzugrenzen

Sich emotional abzugrenzen, bedeutet, die eigenen Gefühle von denen anderer zu trennen. Möchtest du dich von anderen abgrenzen, ist es wichtig, dich gut zu kennen. Je besser du dich kennst, desto leichter fällt dir emotionale Abgrenzung. Hilfreich ist es auch, zu lernen, deine Gefühle auszuhalten, ohne diese ausleben zu müssen. Damit ist nicht gemeint, dass du Gefühle unterdrücken und verdrängen sollst. Sondern: Nimm deine eigenen Gefühle wahr und halte sie aus, bleibe dabei mit deinem Gegenüber in Kontakt. Möchtest du emotionale Abgrenzung lernen, können dir diese Wahrnehmungsübungen helfen:

  • Nimm dir im Alltag Zeit, deine Gefühle wahrzunehmen. Welche Gefühle tauchen auf? Welche Auslöser kannst du ausmachen? Was macht dir gute Laune? Was macht dich traurig? Diese Übung hilft dir, deine Gefühle aufmerksamer wahrzunehmen.
  • Welche Gefühle lösen andere in dir aus? Treten im Kontakt mit einer Person die gleichen Gefühle auf? Macht dich der Kontakt mit einer bestimmten Person traurig oder wütend? Das kann darauf hindeuten, dass du in der anderen Person Traurigkeit oder Wut wahrnimmst. Andererseits kann das bedeuten, dass dein Gegenüber Traurigkeit und Wut in dir selbst auslöst.
  • Beobachte dich bewusst in Konfliktsituationen. Was macht dich wütend? Wann wirst du ärgerlich?

Deine Gefühle besser kennenzulernen, hilft dir, emotionale Abgrenzung zu lernen und deine Gefühle klar von den Gefühlen anderer zu trennen. Damit bist du weniger in Versuchung, anderen ständig einen Gefallen tun zu wollen, und denkst zu Recht an dich und dein eigenes Wohl.

 

Was bedeutet sich abgrenzen?
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Was bedeutet sich abgrenzen?

Nein sagen im Beruf – warum fällt es uns schwer?

Im Beruf Nein zu sagen, fällt vielen Menschen schwer, zum Beispiel übernehmen manche dadurch viel zu viele Aufgaben und versuchen, die Probleme anderer zu lösen.  Aber warum sagen sie "Ja", obwohl sie "Nein" meinen? Keiner hat die Zeit und Energie, um alle Dinge, um die andere einen bitten, erledigen zu können. Das sind mögliche Gründe:

  • Menschen wünschen sich, nicht den sozialen Anschluss zu verpassen – und haben deshalb Angst, sich abzugrenzen. Sie möchten dazugehören und keinen vor den Kopf stoßen. Hat der Chef eine Aufgabe für sie, sagen sie zu. Bitten Kollegen um einen Gefallen, springen sie ein. Dazugehören zu wollen, ist menschlich, aber das Verhalten, ständig Ja zu sagen, führt nicht immer zu dem Ergebnis, das sich jemand wünscht. Vielleicht bekommst du gar nicht die Anerkennung und Achtung für dein Verhalten und fühlst dich trotz deiner Bemühungen nicht zugehörig. Achte auf dein Verhalten und dessen Wirkung!
  • Wer sich im Beruf abgrenzen möchte, kämpft oft mit Schuldgefühlen. Reagiert das Gegenüber negativ, fühlt sich die Person verantwortlich. Zwar haben wir Einfluss auf die Gefühle anderer, letztlich ist aber jeder Mensch für seine Gefühle verantwortlich. Das heißt: Dein Gegenüber entscheidet, wie er mit deiner Entscheidung umgeht. Und: Achte auf deine eigenen Gefühle! Du musst nicht immer Aufgaben übernehmen und deine eigenen Grenzen überschreiben, um andere vor schlechten Gefühlen zu schützen.
  • Nein sagen löst die Angst aus, den Kontakt zu anderen zu verlieren. Viele befürchten, dadurch die Beziehung zu gefährden. Oft ist es jedoch so, dass Kollegen und Vorgesetzte es zu schätzen wissen, wenn sich jemand abgrenzen kann. Wer Nein sagt, kennt seine Ressourcen, und das Gegenüber weiß, dass du dich nicht überlastest, wenn du auf eine Bitte eingehst.
  • Viele derjenigen, die sich schwertun, Nein zu sagen, haben ein hohes Einfühlungsvermögen. Wer sich in andere einfühlen kann, fühlt sich verantwortlich, für die Bedürfnisse des Gegenübers einzustehen. Nutze dieses hohe Maß an Einfühlungsvermögen, um dich besser zu verstehen und dir zu erlauben, dich abzugrenzen und Nein zu sagen. Es ist menschlich, nicht unendlich viel Zeit und Energie für andere aufwenden zu können.

Warum sollte ich Nein sagen?

Nein sagen im Beruf – das ist dann sinnvoll, wenn du merkst, dass du dich übernimmst und deine Grenzen überschreitest. Nein sagen hat folgende Vorteile für dich:

  • Ein Nein beugt Ärger vor.
  • Es beeinflusst dein Selbstbewusstsein und deinen Gefühlszustand positiv. Du kämpfst weniger mit Gefühlen wie Schuldbewusstsein und Scham.
  • Grenzen zu setzen kann deine Beziehungen positiv beeinflussen. Dein Gegenüber weiß genau, mit wem er es zu tun hat und was er erwarten kann. Viele Menschen schätzen klare Ansagen.
  • Sich abgrenzen gibt dir ein gutes Gefühl, wenn dein Gegenüber weiß, dass du deine Grenzen kennst und für dich sorgst. Nein sagen kann die Beziehung zu deinem Chef und Kollegen positiv beeinflussen. Außerdem förderst du damit Achtung, weil du dein Image und deine Position im Unternehmen stärkst.

Fazit: Wie kann man sich dauerhaft positiv abgrenzen?

Sich im Beruf abgrenzen zu können, ist nicht einfach, lohnt sich aber! Du hast nur begrenzte Ressourcen, um dein Leben zu bestreiten. Es hilft, deine Bedürfnisse zu kennen und diese ernstzunehmen. Wer für sich einstehen kann, wird als stärker wahrgenommen, und andere wissen es zu schätzen, wenn du auf dich achtest. Wer sich dauerhaft abgrenzen möchte, muss an seinem Selbstwertgefühl und seinem Selbstbewusstsein arbeiten. Wenn du deine Grenzen kennst und diese klar und bestimmt, aber freundlich kommunizierst, kannst du dich positiv abgrenzen.