Weniger Prokrastinieren im Alltag
Weniger Prokrastinieren im Alltag? bigKARRIERE zeigt dir, warum du aufschiebst und wie du mit 15 praxisnahen Tipps deinen inneren Schweinehund besiegst
Weniger Prokrastinieren im Alltag? bigKARRIERE zeigt dir, warum du aufschiebst und wie du mit 15 praxisnahen Tipps deinen inneren Schweinehund besiegst
Prokrastinieren klingt nach einem komplizierten Begriff, aber wir alle kennen das Gefühl: Statt die lästige Seminararbeit anzufangen, schaust du dir lieber die neuste Serie an oder räumst das Zimmer auf. Dieses Aufschieben – oft „Aufschieberitis“ genannt – ist mehr als Faulheit. Psycholog:innen definieren Prokrastinieren als das wiederholte Verschieben wichtiger Aufgaben auf später, obwohl sie für deine Ziele relevant sind und innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erledigt werden müssen. Dass du nicht einfach „zu faul“ bist, sondern unter einer Störung der Selbststeuerung leidest, nimmt schon viel Druck aus der Situation. In diesem Ratgeber erfährst du, warum wir prokrastinieren, welche Folgen das hat und vor allem, wie du deinen inneren Schweinehund besiegst.
Als junge:r Studierende:r, Auszubildende:r oder Berufseinsteiger:in stehst du vor vielen neuen Herausforderungen. Dieser Ratgeber nimmt dich an die Hand und zeigt Wege aus dem ewigen Prokrastinieren – für mehr Flow im Studium, im Job und im Alltag.
Prokrastinieren – das Wort stammt vom lateinischen procrastinare („auf Morgen verschieben“) – beschreibt das „pathologische“ Aufschieben von Aufgaben. Psycholog:innen sprechen von einer Störung der Selbststeuerung, wenn du immer wieder Aufgaben auf morgen verschiebst, obwohl du eigentlich genug Zeit hast. Dabei wird deine Zeit nicht mit Erholung oder Erfüllung gefüllt, sondern mit Ersatzhandlungen wie dem Putzen der Küche, dem Sortieren des Schreibtisches oder dem Scrollen am Handy.
Untersuchungen der Prokrastinationsambulanz der Universität Münster zeigen, dass circa 7–14 % der Bevölkerung so stark prokrastiniert, dass es die Lebensführung beeinträchtigt. Eine Studie der Universitätsmedizin Mainz mit rund 2.500 Teilnehmenden kam zu dem Ergebnis, dass etwa jeder fünfte Mensch in Deutschland Probleme mit ständigem Aufschieben hat, ohne dass schwerwiegende gesundheitliche Folgen auftreten. Prokrastinieren ist also ein verbreitetes Phänomen, betrifft aber vor allem junge Menschen in Ausbildung und Studium.
Prokrastinieren äußert sich in einem starken inneren Widerstand gegen „unangenehme“ oder komplexe Aufgaben. Du fühlst dich blockiert und baust durch Ablenkung Druck ab. Die Betroffenen empfinden das Verhalten als rätselhaft – sie wissen, dass die Aufgabe wichtig ist, glauben auch, sie schaffen zu können, schieben sie aber dennoch auf. Mit der Zeit entsteht ein Teufelskreis: Erst wird Druck aufgebaut, dann entsteht Erleichterung durch Ersatzhandlungen wie Social‑Media‑Scrollen, danach steigt der Druck wieder.
Jede:r schiebt mal Dinge auf. Prokrastinieren wird erst dann zum Problem, wenn das Aufschieben zu Leidensdruck und deutlichen Beeinträchtigungen im Studium, Beruf oder Alltag führt. Es handelt sich nicht um Faulheit, sondern um eine fehlende Selbststeuerung. Wer ständig aufschiebt, fühlt sich oft hilflos und entwickelt Stresssymptome wie innere Unruhe, Druckgefühle, Angst und negative Selbstbewertungen. Auch körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Herz‑Kreislauf‑Beschwerden und Magen‑Darm‑Probleme können auftreten. Die Folgen reichen von Stress über soziale Konflikte bis hin zu schlechtem Studien- oder Berufserfolg.
Das ständige Prokrastinieren entsteht nicht über Nacht. Es ist ein erlerntes Verhalten, das oft aus einer Kombination von individuellen Eigenschaften und äußeren Faktoren resultiert. Zu den wichtigsten Ursachen gehören:
Ursache
Beschreibung
Versagensangst und Kritik
Menschen mit geringem Selbstvertrauen und großer Angst vor Kritik oder einem Misserfolg neigen dazu, Aufgaben zu prokrastinieren. Die Angst, Erwartungen (eigene oder fremde) nicht zu erfüllen, blockiert das aktive Handeln.
Gestörte Selbstregulation
Schwierigkeiten, Impulsen zu widerstehen oder negative Gefühle auszuhalten, machen es schwer, langfristige Ziele gegen kurzfristige Befriedigung zu verteidigen. Daher neigen junge Menschen mehr zum Prokrastinieren, da sich der präfrontale Kortex noch bis zu einem Alter von 25 Jahren entwickelt.
Perfektionismus und hohe Erwartungen
Ein hoher Anspruch an die eigene Leistung oder unrealistische Ziele hemmt das Anfangen. Wer glaubt, nur perfekte Ergebnisse seien akzeptabel, wartet mit dem Start, bis vermeintlich „perfekte“ Bedingungen herrschen.
Mangelnde Planung und Zeitmanagement
Fehlende Deadlines, unklare Aufgabenstellungen oder die Unterschätzung des Zeitaufwands fördern Prokrastinieren. Besonders freie und selbstständige Arbeitsphasen ohne feste Strukturen laden zum Prokrastinieren ein.
Sensation Seeking & Ablenkung
Einige Menschen sind von Natur aus „Sensationssuchende“, ihnen wird schnell langweilig. Sie suchen nach spannenderen Reizen und werden schnell abgelenkt. Digitale Medien, Social‑Media‑Feeds und Benachrichtigungen verstärken diesen Effekt. Das kann Prokrastinieren auslösen, da in solchen Fällen „langweilige“ Aufgaben oft aufgeschoben werden.
Psychische Störungen
Prokrastinieren kann Symptom einer Depression, Angststörung oder ADHS sein. In solchen Fällen ist es wichtig, die zugrunde liegende Erkrankung zu behandeln und professionelle Unterstützung zu suchen.
Ein weiterer Grund liegt in der zeitlichen Wahrnehmung: Unser Gehirn bevorzugt sofortige Belohnungen. Ersatzhandlungen wie Putzen bieten schnelle Erfolgserlebnisse, während die negativen Folgen des Prokrastinierens erst langfristig auftreten. Offen formulierte Aufgaben ohne klare Struktur fördern das Gefühl der Überforderung und steigern das Risiko, sie aufzuschieben.
Chronisches Prokrastinieren wirkt sich auf viele Lebensbereiche aus. Wer ständig aufschiebt, lebt in anhaltender Anspannung, das Selbstwertgefühl sinkt und der soziale Rückzug kann zunehmen. Zu den häufigsten Folgen gehören:
Langfristig führt diese Kombination zu geringerer Lebenszufriedenheit und kann sogar zu einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen beitragen. Deshalb lohnt es sich, die Mechanismen des Prokrastinieren zu verstehen und aktiv dagegen vorzugehen.
Bevor du mit Strategien beginnst, solltest du dir über dein eigenes Muster klar werden. Was löst bei dir das Aufschieben aus? Hinterfragen bewusst, warum eine Aufgabe unangenehm ist und welche Gefühle sie auslöst.
Schreibe deine Beobachtungen auf. Schon allein das Erkennen von Mustern hilft dir, beim nächsten Mal bewusst gegenzusteuern.
Der innere Schweinehund lässt sich zähmen! Hier findest du konkrete Strategien, die dir helfen, ins Handeln zu kommen. Kombiniere die Methoden, probiere aus und finde heraus, was zu dir und deinem Alltag passt.
Erstelle eine Liste und markiere Aufgaben nach Prioritäten (ABC-Methode). Streiche erledigte Punkte durch – das verstärkt das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Ordnungshilfen wie Ablagen oder digitale Tools unterstützen dich beim Überblick.
Notiere dir Wann, Wo und Wie: Wann möchtest du beginnen, wo arbeitest du und wie viel Zeit veranschlagst du? Leg dir auch die notwendigen Schritte zurecht: Welche Informationen brauchst du, woher bekommst du sie? Eine klare Struktur verhindert Überforderung und sorgt dafür, dass du ins Prokrastinieren fliehst.
Komplexe Aufgaben wirken wie unbezwingbare Berge und laden dich zum Prokrastinieren ein. Zerlege sie in kleine, überschaubare Schritte. So entstehen viele kleine Erfolgserlebnisse. Dadurch wird die Aufgabe greifbar und das Gehirn schüttet bei jedem abgeschlossenen Schritt Dopamin aus – dein innerer Schweinehund wird quasi belohnt.
Unterschätze nicht, wie lange Aufgaben dauern. Gehe davon aus, dass du für jede Tätigkeit doppelt so lange brauchst, wie du annimmst – streiche deshalb die Hälfte deiner geplanten Punkte. Überladenen Tagen fehlt die Erfolgserfahrung, realistische Pläne hingegen motivieren.
Fange auf die Minute genau an. Jede Minute, die du nach der geplanten Zeit verstreichen lässt, macht es unwahrscheinlicher, dass du beginnst. Die 72‑Stunden‑Regel besagt: Startest du ein Projekt nicht innerhalb von drei Tagen, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass du es noch beginnst, auf ein Prozent. Also – setz dir einen Termin und beginne sofort. So hat das Prokrastinieren keine Chance.
Rituale signalisieren dem Gehirn: Jetzt wird gearbeitet. Lüfte vor der Arbeit, koche dir einen Kaffee, bring deinen Arbeitsplatz in Ordnung oder wechsle den Ort (Bibliothek, Café). Viele Studierende schwören auf ein kurzes „Pomodoro‑Ritual“: 25 Minuten fokussiertes Arbeiten, 5 Minuten Pause.
Identifiziere deine größten Ablenkungsquellen und eliminiere sie. Smartphone stumm und in die Schublade, Benachrichtigungen am Computer ausschalten und Mitbewohner:innen oder Kolleg:innen darüber informieren, dass du gerade nicht erreichbar bist. Wer abgelenkt wird, braucht im Schnitt 30 Minuten, um den Fokus wiederzufinden.
Der Mensch braucht Pausen. Planst du sie bewusst ein, verhinderst du nagendes schlechtes Gewissen. Die Pomodoro‑Methode – 25 Minuten arbeiten, 5 Minuten Pause – oder längere „Deep‑Work“-Phasen (z. B. 50 Minuten Arbeit, 10 Minuten Pause) helfen, konzentriert zu bleiben. Achte darauf, dass Pausen echte Erholung bieten: Geh kurz spazieren, mach ein paar Dehnübungen, hol dir frische Luft.
Stecke dir erreichbare Ziele. Zu ambitionierte Ziele in zu kurzer Zeit führen zu Frustration. Hilfreich sind Wenn‑Dann‑Pläne: Formuliere im Voraus, was du tust, wenn eine bestimmte Situation eintritt („Wenn ich mich nach Social Media sehne, dann mache ich drei tiefe Atemzüge und gehe kurz ans Fenster“). Sie verringern die mentale Belastung und erhöhen die Planbarkeit.
Bist du eine Lerche, die morgens produktiv ist, oder eine Eule, die abends aufblüht? Respektiere deinen Biorhythmus und erledige anspruchsvolle Aufgaben in deinen leistungsstarken Phasen. In weniger produktiven Zeiten kannst du Routineaufgaben erledigen.
Reserviere dir feste Erholungszeiten, ab denen du nicht mehr arbeitest, und plane auch tagsüber kurze Breaks. Wer weiß, dass später eine Pause wartet, bleibt motivierter und kann die Freizeit ohne schlechtes Gewissen genießen.
Überlege dir bereits vor dem Start eine kleine Belohnung für erledigte Aufgaben. Das kann ein leckeres Essen, eine Folge deiner Lieblingsserie oder das Lesen eines Buchs sein. Belohnungen verstärken positives Verhalten und helfen, neue Gewohnheiten zu etablieren.
Erzähle Familie, Freund:innen oder Kolleg:innen von deinen Zielen und vereinbare, dass sie nachfragen. Die soziale Erwartung erhöht den Druck, deine Aufgabe tatsächlich zu erledigen. Ihr könnt euch auch gegenseitig motivieren, indem ihr gemeinsam Lerngruppen bildet oder virtuelle „Body‑Doubling“‑Sessions nutzt. Wenn du siehst, dass die Menschen um dich herum produktiv sind, ist es schwerer zu prokrastinieren.
Ein aufgeräumter Arbeitsplatz sorgt für Klarheit im Kopf. Räume deinen Schreibtisch und digitalen Desktop auf. Nutze digitale Tools wie Kanban‑Boards oder einfache Post‑it‑Zettel, um Ordnung und Struktur zu fördern.
Wenn du das Gefühl hast, dass dich dein Prokrastinieren stark belastet, zögere nicht, professionelle Hilfe zu suchen. Die Prokrastinationsambulanz der Universität Münster bietet beispielsweise Gruppen- und Einzelbehandlungen an und arbeitet mit kognitiver Verhaltenstherapie. Dabei lernst du, Impulsen zu widerstehen, negative Gefühle auszuhalten, realistische Ziele zu setzen und dein Arbeitsverhalten nachhaltig zu verändern.
Digitale Anwendungen können helfen, fokussiert zu bleiben. Apps wie Forest, Habitica oder Todoist unterstützen dich beim Zeitmanagement. Für alle Musikliebhaber:innen: Unser LoFi‑Focus‑Stream bei bigKARRIERE spielt entspannte Beats, die deine Konzentration fördern und Hintergrundgeräusche ausblenden. Probier es aus und lass dich in einen Flow‑Zustand versetzen.
Prokrastinieren ist kein Makel, sondern eine weit verbreitete Störung der Selbststeuerung – bis zu 14 % der Menschen sind so stark betroffen, dass ihr Alltag leidet. Du bist damit also nicht allein. Wichtig ist zu erkennen, dass hinter dem Prokrastinieren häufig Angst vor Fehlern, Perfektionismus oder fehlende Struktur stecken als reine Faulheit. Diese Einsicht ist der erste Schritt aus dem Teufelskreis aus Frust und Stress. Die gute Nachricht: Mit klaren Prioritäten, strukturierten To‑do‑Listen, realistischen Zeitplänen und festen Ritualen lässt sich das Prokrastinieren in den Griff bekommen. Große Aufgaben in kleine Schritte zu zerlegen, fokussierte Arbeitsphasen einzuplanen und sich bewusst zu belohnen hilft dir, ins Tun zu kommen und Erfolgserlebnisse zu sammeln. Und wenn die Belastung zu groß wird, kann professionelle Unterstützung den Weg ebnen – kognitive Verhaltenstherapie hilft, Selbstregulation und Selbstwirksamkeit zu trainieren. Mach dir bewusst: Jeder kleine Schritt zählt. Nutze deine stärksten Leistungsphasen, schalte Ablenkungen ab und gönn dir Erholungspausen.
Normales Aufschieben ist menschlich und meist unproblematisch. Prokrastinieren ist dagegen ein chronisches, krankhaftes Aufschieben, das zu Stress, Leistungsverlust und gesundheitlichen Problemen führt.
Prokrastination ist keine eigenständige psychische Störung in den Diagnosesystemen, kann aber Symptom oder Folge einer anderen psychischen Erkrankung (z.B. Depression, Angststörung, ADHS) sein. Bei starkem Leidensdruck empfiehlt sich eine professionelle Diagnostik.
Je nach Studie sind etwa 7–14 % der Bevölkerung betroffen. Besonders häufig tritt Prokrastination bei Studierenden und Berufseinsteiger:innen auf.
Prokrastinieren bedeutet nicht immer faul sein. Denn wer nichts tut, weil er oder sie faul ist, genießt das Nichtstun. Viele Prokrastinierer hingegen möchten die Aufgaben erledigen, schaffen es aber aufgrund von Angst, Perfektionismus oder mangelnder Selbstregulation nicht.
Strukturiere deine Aufgaben, setze realistische Ziele, plane feste Arbeitszeiten und Pausen, minimiere Ablenkungen und belohne dich für erledigte Schritte. Rituale und klare Deadlines (wie das 72‑Stunden‑Prinzip) erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit.
Wenn das Aufschieben dein Studium, deinen Beruf oder deine Gesundheit beeinträchtigt, solltest du professionelle Hilfe suchen. In einer Verhaltenstherapie lernst du, deine Selbststeuerung zu verbessern und negative Gedankenspiralen zu durchbrechen.
Der Begriff leitet sich vom lateinischen procrastinare („auf Morgen verschieben“) ab. In der Psychologie bedeutet es das wiederholte Aufschieben wichtiger Aufgaben. Betroffene erledigen stattdessen Ersatztätigkeiten wie E‑Mails checken oder Putzen, obwohl ihnen die Wichtigkeit der Aufgabe bewusst ist. In der Alltagssprache wird es als „Aufschieberitis“ oder einfach „aufschieben“ bezeichnet.
Das Gegenteil nennt sich „Präkrastination“. Dabei erledigen Menschen anfallende Aufgaben möglichst schnell und sofort, um sich nicht mehr damit beschäftigen zu müssen. Forschungen von David A. Rosenbaum beschreiben diese Tendenz, Aufgaben sofort anzupacken, um den psychischen Druck einer unerledigten Aufgabe zu vermeiden.
Besonders anfällig für Prokrastination sind junge Menschen in Schule und Studium. Die Prokrastinationsambulanz in Münster schätzt, dass rund zehn Prozent der Bevölkerung unter pathologischem Aufschieben leiden; eine Studie der Universitätsmedizin Mainz mit 2.500 Teilnehmenden ergab, dass vor allem Jugendliche und Studierende betroffen sind und Männer häufiger prokrastinieren. Internationale Erhebungen zeigen Ähnliches: In Umfragen unter US‑College‑Studierenden bezeichneten sich 75 Prozent als Aufschieber, und die Hälfte von ihnen hatte deshalb Probleme im Studium.