Unglückliche Frau
 sydney sims / unsplash
Unglückliche Frau
Was uns eine Harvard-Studie verrät

Diese Jobs machen dich unglücklich

Harvard-Langzeitstudie: Erfahre, wie soziale Bindungen und zwischenmenschliche Interaktionen weit mehr zum Glücklichsein beitragen als Status oder Einkommen.

Dein Leben besteht aus Arbeit und den unvermeidlichen Herausforderungen des Lebens, einschließlich des Todes. Leider kann sich der Tod zu praktisch jeder Zeit ankündigen, besonders wenn du in einem Beruf arbeitest, der dich nicht erfüllt und wenig soziale Interaktion bietet. Die Harvard Study of Adult Development, die seit 1938 durchgeführt wird, zeigt, dass soziale Beziehungen und Kontakte für das Wohlbefinden wichtiger sind als materieller Status oder finanzieller Wohlstand.

Unglücklicher Mensch im Job
 nik shuliahin / unsplash
Unglücklicher Mensch im Job

Harvard-Langzeitstudie zeigt, was uns unglücklich macht

Der 1951 geborene Psychiater Robert J. Waldinger, der an der Studie beteiligt war, fasste diese Erkenntnisse in seinem Buch "The Good Life" zusammen. Die Studie legt nahe, dass Arbeit, die wenig sozialen Kontakt bietet, der psychischen Gesundheit schaden kann. Sie betont, dass der beste Schutz vor geistigem und körperlichem Verfall die Pflege von Beziehungen zu anderen Menschen ist, die nicht nur für die berufliche, sondern auch für die persönliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung sind.

Warum führen isolierte Arbeitsstellen zu Unzufriedenheit?

Forscher:innen gehen davon aus, dass enge soziale Bindungen für ein langes Leben noch wichtiger sind als genetische Faktoren, der Intelligenzquotient oder die soziale Schicht, aus der ein Mensch stammt.

Mehrere Wissenschaftler:innen haben nachgewiesen, dass Einsamkeit zu einem früheren Tod führt. Vor allem die amerikanische Psychologin Julianne Holt-Lunstad hat diese These durch ihre Forschungen untermauert. Nach ihren Erkenntnissen erhöht sich das Risiko, vorzeitig zu sterben, um beeindruckende 26 Prozent, wenn der Mensch immer wieder mit dem Gefühl der Isolation konfrontiert wird.

Du bist auf die Interaktion mit anderen Menschen angewiesen, um dein Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Dialog und Gemeinschaft zu stillen. Das ist wichtig, damit du dich beruflich und privat erfüllt fühlst.

Stress und Isolation als Faktoren

Auch deine Arbeitsbelastung ist ein entscheidender Faktor für ein erfülltes oder weniger erfülltes Leben. Berufe, die ein hohes Maß an ständigem Stress mit sich bringen und gleichzeitig relativ schlecht bezahlt sind, können erheblich zu deiner Unzufriedenheit beitragen. Daher ist die Kombination aus Einsamkeit, Stress und unsicheren Arbeitsbedingungen das wahrscheinlichste Szenario, das bei dir berufliche Unzufriedenheit hervorruft oder verstärkt. Dies wird als die gefährliche Kombination von Stress und Isolation bezeichnet.

Balance finden
thirdman / unsplash
Balance finden

Beispiele für Berufe und Jobs, die unglücklich machen

Betrachtest du die Berufe und Tätigkeiten, die zu Unzufriedenheit führen können, so fallen vor allem jene auf, die wenig soziale Kommunikation ermöglichen. Und wenn sie es doch tun, dann müssen die Beschäftigten meist mit Kunden oder Kundinnen im Reklamationsbereich interagieren, sodass Unbehagen und Unzufriedenheit oft ein inhärenter Aspekt dieser Tätigkeiten sind. Das heißt natürlich nicht, dass jeder Mensch, der diese Tätigkeiten ausübt, unglücklich ist – nur, dass hier ein paar Faktoren zusammenkommen, die eine solche Konstellation begünstigen können.

1. Das Fernfahrer-Dilemma

Als Fernfahrer:in verbringst du die meiste Zeit allein hinter dem Lenkrad, im Gegensatz zu Busfahrer:innen, die ständig Kundenkontakt haben. Es ist eine Herausforderung für die Branche, Nachwuchs zu finden, da die Bezahlung für den geleisteten Aufwand oft unzureichend ist und die Arbeitszeiten unattraktiv sind. Nur wenn du Fernfahrer:in aus Leidenschaft bist, wirst du den Reisecharakter deines Berufs mögen.

Die langen Fahrzeiten lassen zudem wenig Zeit für zwischenmenschliche Beziehungen. Das Fehlen eines kollegialen Umfelds für den Großteil der Zeit erschwert den Aufbau sozialer Kontakte.

2. Callcenter-Mitarbeiter:in: fordernde Aufgabe mit geringer Belohnung

Als Callcenter-Angestellte:r musst du oft eine emotionale Kluft überbrücken, z. B. Freundlichkeit vortäuschen, obwohl du dich nicht so fühlst. Der ständige Leistungsdruck, um deinen Job zu behalten, der in vielen Callcentern vorherrscht, kann zu Unzufriedenheit, Angst und Aggression führen.

Du fühlst dich allein, obwohl du von Kollegen umgeben bist. In dieser Branche arbeiten die Menschen oft nur befristet, werden schlecht bezahlt und müssen am Telefon Überzeugungsarbeit leisten oder sich mit unfreundlichen Kunden und Kundinnen auseinandersetzen. Auch strenge Pausenzeiten tragen nicht zur sozialen Entfaltung bei.

3. Schichtarbeiter:in im Akkord: hohe Belastung, wenig Wertschätzung

Als Schichtarbeiter:in zufrieden zu sein, ist definitiv möglich, aber je nach Branche und Tätigkeit ist es wahrscheinlicher, dass du mit deiner Arbeit weniger zufrieden bist. Der Druck, alles in der vorgegebenen Zeit zu schaffen ist groß und führt, verbunden z. B. mit der relativen Monotonie von Fließbandarbeit, zu psychischen und physischen Belastungen.

Du hast kaum Zeit und Raum, um über dein soziales Umfeld nachzudenken. Anerkennung ist selten und die Ohnmacht durch Fremdbestimmung groß. Je mehr Leistung du erbringen musst, um deine Existenz zu sichern, desto unzufriedener bist du oft mit deinem Beruf und deinem Leben.

4. Mitarbeiter:in bei Lieferdiensten: Aufregung und Unmut

Egal, ob du Pakete oder Pizzas auslieferst, das Schöne an solchen Jobs ist für viele der Kontakt mit Menschen (und natürlich das Trinkgeld, aber das ist eine andere Geschichte). Jedoch werden auch die Schattenseiten schnell deutlich. Ein wahrscheinlich nicht unerheblicher Teil der Kunden und Kundinnen, mit denen du als Zusteller:in oder Mitarbeiter:in eines Lieferdienstes zu tun hast, ist dir gegenüber bestenfalls neutral eingestellt und schlimmstenfalls schlecht gelaunt. Du erlebst Stress, Zeitmangel oder verärgerte Kunden und Kundinnen, die ihrem Ärger Luft machen. Du musst sehr belastbar sein, um in diesen Berufen nicht dauerhaft unzufrieden zu werden.

5. Sicherheitspersonal in der Nachtschicht: isoliert und dunkel

Während die meisten Menschen schlafen, bist du die Persin, der auf Abruf ist, Sicherheits- und Kontrollgänge durchführt, Objekte bewacht und wenig Zeit mit deinen Lieben verbringt, da du tagsüber schläfst, um nachts Geld zu verdienen. Soziale Interaktionen sind in verlassenen Gebäuden und Umgebungen selten. Stattdessen erlebst du Einsamkeit und Isolation. Die Wahrscheinlichkeit, dass dich diese Arbeit auf Dauer wirklich glücklich macht, ist gering.

6. Reinigungspersonal: unsichtbar und wenig geschätzt

Als Reinigungspersonal leistest du einen wichtigen Beitrag zur Sauberkeit und Pflege unserer Lebens- und Arbeitsumgebung. Leider erhältst du für deine Arbeit oft nicht die Wertschätzung und Anerkennung, die du verdienst. Viele deiner Kolleginnen und Kollegen verrichten ihre Arbeit in den frühen Morgenstunden oder spät in der Nacht, wenn Büros und öffentliche Plätze verwaist sind. Dies kann zu einem Gefühl der Isolation und Unsichtbarkeit führen. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen und vor allem die Bezahlung oft nicht angemessen. Eine Tätigkeit als Reinigungskraft in diesem Bereich kann daher dauerhaft zu Unzufriedenheit und Unglück führen.

Auch Gutverdiener können unglücklich sein

Ein hohes Einkommen ist keine Garantie für ein glückliches Leben. Wenn du in prestigeträchtigen Berufen wie als Person im ärztlichen Dienst, Notar:in oder Ingenieur:in arbeitest, bist du oft großem Stress ausgesetzt, obwohl du dir in der Regel keine finanziellen Sorgen machen musst. Ehrenvolle Positionen führen nicht immer zu Glück und Zufriedenheit. In vielen Fällen ist dein Arbeitspensum enorm und lässt dir wenig Raum für dein Privatleben.

Deine begrenzte Freizeit kann sich spürbar auf dein privates Umfeld auswirken. Oft leiden deine Beziehungen und Partnerschaften darunter und auch an Freizeitgestaltung ist nicht immer zu denken. Ein hohes Einkommen kann zwar einige der Lücken füllen, die durch Einsamkeit und Zeitmangel entstehen, aber die Herausforderung wird dadurch nicht kleiner.

Fazit

Die Harvard-Studie zeigt deutlich: Deine Zufriedenheit im Berufsleben hängt stark von sozialen Bindungen und Kontakten ab. Die Forschung betont, dass nicht materieller Wohlstand oder Status, sondern eben diese sozialen Beziehungen das Wohlbefinden maßgeblich beeinflussen. Isolierte Arbeitsplätze können besonders schädlich sein. Sie führen oft zu Unzufriedenheit, da der Mensch in aller Regel soziale Interaktion benötigt, um sich vollständig zu fühlen. Auch hoher Arbeitsstress und schlechte Bezahlung tragen zur Unzufriedenheit bei. Selbst Gutverdiener:innen in prestigeträchtigen Berufen sind nicht automatisch vor Unzufriedenheit geschützt. Ärzte und Ärztinnen, Anwälte und Anwältinnen oder Ingenieure und Ingenieurinnen etwa stehen oft unter enormem Stress, der trotz guter Bezahlung das Wohlbefinden beeinträchtigt.

Das Geheimnis des Glücks liegt weniger in materiellen Dingen oder beruflichem Status, sondern vielmehr in erfüllenden sozialen Beziehungen und einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Um berufliche Zufriedenheit zu erreichen, ist es wichtig, soziale Kontakte zu pflegen und einen Beruf zu wählen, der Raum für zwischenmenschliche Interaktionen bietet.