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So geht der Neustart

Ausbildung abbrechen – was dann?

Du willst deine Ausbildung abbrechen oder hast es schon? Was kommt danach? Unser Guide bietet Lösungen und Inspiration für Ihren Neustart.

Du stehst gerade an einem Scheideweg in deiner Ausbildung – und überlegst, ob du wirklich aufgeben sollst? Keine Panik: Ein Ausbildungsabbruch ist nicht das Ende deiner Karriere, sondern oft der Startschuss für etwas Neues. Viele Azubis haben schon einmal die Reißleine gezogen, und die Mehrheit von ihnen fand danach schnell einen neuen Weg. Es ist also kein Weltuntergang, wenn du feststellst, dass dein Ausbildungsberuf doch nicht zu dir passt. Viel wichtiger ist, dass du jetzt einen klaren Plan schmiedest und alle nötigen Schritte gehst, um wieder durchzustarten. Wir erklären dir, was nach der Kündigung zu tun ist und welche Optionen sich dir bieten.

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Pro: Bye, Bye Ausbildung

Du beendest eine Situation, die dich belastet oder unglücklich macht

Möglichkeit, dich beruflich neu zu orientieren

Neue Chancen: Andere Ausbildung, Studium oder Berufsweg

Kein Zeitverlust, wenn du früh erkennst, dass der Beruf nicht zu dir passt

Besseres Betriebsklima oder Umfeld im neuen Ausbildungsbetrieb möglich

Psychische Entlastung bei Mobbing, Überforderung oder Konflikten

Möglichkeit, im nächsten Anlauf motivierter und bewusster zu starten

 

Contra: Ausbildung durchziehen

Der Lebenslauf zeigt eine Lücke, die du später erklären musst

Du verlierst zunächst finanzielle Sicherheit (Azubi-Gehalt entfällt)

Eventuell Sperrfrist beim Arbeitslosengeld

Erneute Bewerbungs- und Orientierungsphase nötig

Gefahr, dass du später erneut Zweifel bekommst (wenn Ursachen unklar bleiben)

Du gibst vielleicht zu schnell auf, statt Konflikte zu lösen

Verlust bisheriger Ausbildungszeit (je nach Anrechnung)

Formeller Prozess: Kündigung und Aufhebungsvertrag

Du musst deine Kündigung immer schriftlich einreichen. In der Probezeit reicht ein kurzes Schreiben (siehe Muster im Internet). Nach der Probezeit musst du fristgerecht kündigen und ggfs. einen Grund angeben. Wir empfehlen: Rede offen mit deinem/r Ausbilder:in und erkläre deine Beweggründe – so wirkst du im Kündigungsschreiben nachvollziehbar und fair (schließlich wirst du diese Erfahrung später bei Bewerbungen erklären müssen). Wenn dein Berufswunsch weiterhin derselbe ist, aber der Betrieb nicht passt, sprich am besten über einen Aufhebungsvertrag. Dann endet das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich, und du kannst direkt in einem anderen Betrieb weitermachen, ohne dass der alte Chef teure Abfindung verlangt.

Falls es nicht um einen Jobwechsel geht, sondern du den Beruf ganz aufgeben willst, kannst du nach der Probezeit auch mit vierwöchiger Frist kündigen. Hast du nach einem Jahr Ausbildung schon mindestens 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt, kannst du später Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) haben, weil du das Ausbildungsverhältnis freiwillig gekündigt hast. Dies bedeutet: Für maximal 12 Wochen erhältst du kein ALG I (während dieser Zeit musst du für deinen Lebensunterhalt anderweitig sorgen).

Was du nach dem Abbruch sofort erledigen solltest

Ist der Vertrag erst einmal beendet, geht es darum, den Neustart gut zu organisieren. Je schneller du reagierst, desto eher vermeidest du Probleme. Behalte diese To-do-Liste im Blick:

  • Kammer informieren: Dein alter Ausbildungsbetrieb muss die IHK/HWK über die Vertragsauflösung informieren. So wird dein alter Vertrag aus dem Verzeichnis gelöscht und du kannst später problemlos einen neuen Vertrag eintragen lassen.
  • Arbeitsagentur benachrichtigen: Melde dich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeits- bzw. ausbildungssuchend. Die Expert:innen dort bieten kostenlose Berufsberatung an und helfen dir, Alternativen zu finden. Wenn du bereits ein Jahr Ausbildungsvertrag hattest (12 Monate Pflichtversicherungszeit) und noch unter 25 bist, kannst du ALG I beantragen. Sei dir aber der Sperrfrist bewusst: Hast du selbst gekündigt, fällt eine bis zu dreimonatige Geldsperre an. Wenn du keine 12 Monate voll hast, musst du auf das Bürgergeld (ALG II) ausweichen – sprich auch darüber mit der Agentur.
  • Kindergeld klären: Bist du unter 25 und auf Kindergeld deiner Eltern angewiesen? Dann achte darauf: Kindergeld wird normalerweise nur gezahlt, wenn du in Ausbildung bist. Nach dem Abbruch ist dein Elternanspruch unsicher. Wenn du sofort eine neue Ausbildung suchst und die Familienkasse informierst, wird das Kindergeld meist bis zu deinem 25. Lebensjahr weitergezahlt. Melde deiner Familienkasse einfach deinen neuen Status.
  • Krankenkasse informieren: Deine Gesundheitsversicherung endet kurz nach Vertragsende. Sprich mit deiner Krankenkasse, ob du (noch kurzzeitig) über deine Eltern familienversichert bleiben kannst oder dich freiwillig weiterversichern musst. Wenn du ALG I beantragst, bist du automatisch über die Agentur krankenversichert.
  • Unterlagen sichern: Lass dir unbedingt ein Zwischenzeugnis und alle Ausbildungsnachweise aushändigen. Dein Berichtsheft, Zertifikate und auch eine Kündigungsbestätigung sind wichtig. Später kann die neue IHK/HWK deine bisherige Ausbildung anrechnen. Außerdem müssen Resturlaub, Überstunden und Gehalt bis zum letzten Tag ausgezahlt werden. Vergiss nicht das Ausbildungszeugnis – du hast einen Anspruch darauf und brauchst es für Bewerbungen.
  • Betriebswechsel vorbereiten: Wenn du deinen Ausbildungsberuf fortsetzen willst (d.h. nur den Betrieb wechseln willst), suche schnell einen neuen Ausbildungsbetrieb. Kümmere dich auch um deine Anmeldung für den Berufsschulunterricht – die alte Schule muss den Abbruch melden und du wirst ggf. neu angemeldet.

Ab jetzt arbeitest du Schritt für Schritt an deinem Neustart. Plane deine nächsten Schritte klar: Willst du in einem neuen Betrieb weitermachen oder etwas völlig Neues ausprobieren? Bei einem Betriebswechsel im gleichen Beruf übernimmst du den bisherigen Berufsabschluss und startest nur in einer neuen Firma. Bei einem Ausbildungswechsel beginnst du in einem anderen Beruf oder Berufsfeld. Sprich mit der Agentur für Arbeit oder den Kammer-Berater:innen über deine Ideen – oft gibt es auch spezielle Coaching-Programme für Berufswechsler:innen. Während du suchst, behalte deinen finanziellen Spielraum im Blick: Vielleicht hilft dir ein Zwischenjob oder ein Förderprogramm (z.B. Einstiegsgeld) über die Runden.

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Alternative Wege: Betriebswechsel, Neues Studium oder Praktikum

Nach dem Abbruch ist deine größte Frage wahrscheinlich: Und jetzt? Es gibt viele Neustart-Optionen:

  • Betriebswechsel (gleicher Beruf): Wenn dir der Beruf gefällt, aber die Firma nicht, kannst du die Ausbildung im gleichen Beruf in einem anderen Betrieb fortführen. Dafür brauchst du normalerweise einen Aufhebungsvertrag und musst beim neuen Arbeitgeber einen neuen Ausbildungsvertrag unterschreiben. Alles bisher Gelernte wird (teilweise) angerechnet.
  • Ausbildungswechsel (anderer Beruf): Hast du gemerkt, dass sogar die Branche nichts für dich ist, starte in einen neuen Beruf. Das kann eine ganz andere Ausbildung sein. Die ersten Berufserfahrungen schaden nicht: Du kannst sie im Lebenslauf als Lernprozess darstellen. Ein branchenfremder Neustart ist ganz normal. Du musst neu anfangen, aber durch den Abbruch weißt du nun genau, was du willst.
  • Studium oder Fachschule: Ein (duales) Studium kann eine Alternative sein, wenn du die Hochschulreife nachholen kannst. Oder eine Fachschule (z.B. Fachoberschule) bietet einen Abschluss ähnlich der Ausbildung. Dabei gelten wieder die Meldepflichten: Kindergeld, Agentur, etc. laufen weiter wie oben beschrieben.
  • Praktika, FSJ oder Gap-Year: Nutze Praktika oder ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) als Übergangszeit, um neue Erfahrungen zu sammeln. Wenn du noch keinen Plan hast, lohnt sich eine Berufsorientierung über die Arbeitsagentur oder Praktikumsbörsen. Ein FSJ oder ähnliches bietet Struktur und Zeit für ein neues Ziel.

Jede Option hat Vor- und Nachteile. Mach dir eine Liste, was dir wichtig ist (z.B. Einkommen, Urlaub, Arbeitszeiten) und wie jede Variante dazu passt. Tausche dich aus – mit Freund:innen, Familie oder Jugendberufsagentur. Oft erzählen sie ihre eigenen Geschichten und geben wertvolle Tipps.

Unterstützung und Beratung nutzen

Du musst diesen Schritt nicht allein gehen. Es gibt viele Beratungsstellen und Angebote: Die Ausbildungsberater:innen der IHK und HWK beraten Auszubildende gratis bei allen Fragen rund um Abbruch und Neustart. Sie helfen beim Betriebswechsel und finden ggf. neue Ausbildungsplätze (sogenannte „Matching-Teams“). Über die IHK-Website oder direkt vor Ort kannst du kostenlos einen Termin vereinbaren. Die Agentur für Arbeit bietet ebenfalls Berufs- und Ausbildungsberatung an. Du kannst online, telefonisch (0800 4 5555 00) oder per Kontaktformular ein Beratungsgespräch buchen – auch Video-Calls sind möglich. Nutze diese Angebote! Auch Schulsozialarbeiter:innen, die Bundesagentur für Arbeit oder private Beratungsportale (z.B. bigKARRIERE.de selbst bietet Karrieretipps) können helfen.

Hol dir proaktiv Rat: Nutze das Netzwerk. Informiere dich auf Messen (Berufsinformationstage, Ausbildungsmessen) und Online-Foren, sprich mit Berufsschullehrer:innen, Kolleg:innen oder deinem Vertrauenslehrer. Manchmal hilft es auch, einen Coach oder Psychologen einzubeziehen – vor allem, wenn dich der Abbruch stark belastet. Viele große Wirtschaftsverbände und auch Radiosender wie bigFM/bigKARRIERE veranstalten Info-Events und Workshops für Azubi:nis. Schau nach, ob in deiner Region Veranstaltungen laufen, die dich weiterbringen.

Fazit

Es ist mutig, einen neuen Weg einzuschlagen. Sei stolz auf dich, wenn du merkst, dass etwas nicht passt und du deinen Fokus neu justierst. Das bedeutet: Lerne aus der Erfahrung und richte dein Profil für die Zukunft aus. In Bewerbungen für den neuen Ausbildungsplatz oder ein Studium gibst du ehrlich, aber positiv an, was du gelernt hast. Du kannst sagen, dass du beispielsweise gemerkt hast, „dass mir XYZ-Werte wichtiger sind“ oder „dass ich im Praktischen/Technischen liegen möchte“. Der entscheidende Punkt: Zeige, was du mitgenommen hast und wie du nun konkrete Pläne verfolgst.

Dein Abbruch ist also kein Karriere-Aus, sondern Teil deiner Geschichte. Mit jedem Schritt sammelst du neue Erfahrungen und Fähigkeiten. Netzwerke dich – online und offline –, sei offen für Neues, und behalte dein Ziel im Blick. Wie auf einem Labyrinthbild am Ende viele Wege zum Erfolg führen, so wirst auch du irgendwann deinen Erfolg erreichen.