Gähnen Überstunden müde Müdigkeit
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Gähnen Überstunden müde Müdigkeit

Überstunden: Nur lästig oder auch nützlich?

Überstunden gehören für viele zum Alltag. Doch sind Überstunden eigentlich erlaubt und haben sie auch Vorteile? Bei uns erfahrt ihr alles zu diesem Thema!

Mehrarbeit ist in sehr vielen Branchen gang und gäbe. Obwohl in Deutschland nicht so viele Überstunden geleistet werden, wie zum Beispiel in Japan, sind es doch eine ganze Menge. Im Jahr 2017 wurde in ganz Deutschland offiziell 2127 Millionen Überstunden gemacht. Experten gehen daher davon aus, dass es in Wirklichkeit etwa doppelt so viele waren. Viele Überstunden werden ja gar nicht erst erfasst. Im Durchschnitt ergibt dies etwa 27 Überstunden pro Jahr, also 0,6 Überstunden in der Woche.

Warum entstehen Überstunden?

Die Gründe für Überstunden sind von Branche zu Branche und von Job zu Job verschieden. Zu den häufigsten Gründen gehört, dass viele Beschäftigte ohne die eine oder andere Überstunde mit ihrer Arbeit einfach nicht fertig werden. Daher bleiben sie länger. Ein Drittel der Arbeitnehmer, die Überstunden machen, geben an, dass sie im Schnitt etwa zwei Stunden pro Woche mehr benötigen, um ihr Arbeitspensum zu erledigen. Viele Arbeitnehmer können ihre Arbeit nicht in der vorgegebenen Zeit erledigen, weil sie zu viele Meetings haben, zu viele E-Mails lesen und beantworten müssen und weil sie während ihrer Arbeit sehr oft abgelenkt werden. Ein paar wenige Mitarbeiter leisten Überstunden, weil ihnen die Arbeit einfach Spaß macht und sie gerne länger bleiben. Ein gewisser Prozentsatz leistet aber auch bewusst Überstunden wegen des zusätzlichen Verdienstes.

Müde Genervt Langweilig Nachdenken Überlegen
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Müde Genervt Langweilig Nachdenken Überlegen

Meetings und E-Mail als Zeitfresser

Langwierige und teilweise auch unfruchtbare Meetings und Besprechungen sind zeitfressend und frustrierend. Untersuchungen zufolge werden viel zu viele Meetings einberufen und dabei viel zu wenige Entscheidungen getroffen. Wer jeden Tag in zwei Besprechungen sitzt, der hat kaum noch Zeit, um seine alltägliche Arbeit ausführlich zu erledigen. Das Schreiben und Lesen sowie Kommentieren der Besprechungsberichte kostet zudem Zeit. In Berufen, in denen Meetings an der Tagesordnung sind, ist bei den Verantwortlichen mittlerweile ein Trend zu weniger Meetings zu erkennen. Mitarbeiter werden angehalten, weniger Meetings zu organisieren, Meetings besser zu planen und vor allem nur diejenigen Leute einzuladen, die auch wirklich einen Mehrwert für die Besprechung bieten. 

Eine andere Studie aus den USA hat ergeben, dass jeden Tag auf der ganzen Welt mehr als 112 Milliarden berufliche E-Mails verschickt werden. Allein die Zeit, um diese alle zu schreiben, zu lesen, zu löschen, weiterzuleiten, zu beantworten oder zu archivieren verschlingt Milliarden von Stunden jeden Tag. Der enorme Vorteil von E-Mails, nämlich dass sie zu jeder Tages- und Nachtzeit verschickt oder bearbeitet werden können und dass sie günstiger und vor allem schneller als Briefe sind, hat sie zu einem der wichtigsten Kommunikationsmittel überhaupt werden lassen. Neben all diesen Vorteilen stehen aber auch Nachteile: E-Mails kosten viel Zeit. Schon allein das Auswählen zwischen wichtigen Informationen und E-Mails, die man getrost ignorieren oder löschen kann, dauert jeden Tag mehrere Minuten. 

Dazu kommen dann noch die normalen Unterbrechungen, denen jeder während der Arbeit ausgesetzt ist, ganz egal, ob diese Arbeit in einem Büro, in einer Produktionshalle, einem Kindergarten, einem Labor oder einem Zoo stattfindet. Studien belegen, dass Büroangestellte im Durchschnitt etwa alle 11 Minuten unterbrochen werden. Demgegenüber stehen Untersuchungen, die behaupten, dass Arbeitnehmer in der Regel zwischen fünf und sogar 23 Minuten Zeit benötigen, um wieder zurück in die Aufgaben zu finden, die sie vor der Unterbrechung erledigt haben. In Extremfällen können kontinuierliche Unterbrechungen also dazu führen, dass ein Mitarbeiter buchstäblich fast nicht voran kommt in seiner Arbeit. Das gilt natürlich vor allem für Aufgaben, bei denen höchste Konzentration gefordert ist.

Selbstverständlich gibt es meistens die Möglichkeit, sich für besonders knifflige Aufgaben ein ruhigeres Plätzchen zu suchen. Der eine kommt besser mit Ablenkungen klar als der andere. Und dann muss auch gesagt werden, dass Unterbrechungen in den meisten Jobs einfach zum normalen Arbeitsalltag dazugehören. Manche Unterbrechungen sind sogar willkommen und erleichtern den Arbeitsalltag oder gestalten ihn einfach angenehmer. Alles in allem sind Unterbrechungen aber auch einer der vielen Gründe dafür, dass Menschen am Ende des Arbeitstages Mehrarbeit leisten müssen. 

Unter den Menschen, die Überstunde um Überstunde leisten, sind aber auch diejenigen, die einfach zeigen wollen, dass sie mehr arbeiten und mehr leisten. Gründe hierfür können Ehrgeiz und Karriereziele sein. Manche wollen sich aber auch einfach beim Boss gut stellen oder sich für die Firma unersetzbar machen. 
 

Nachtschicht Nachts dunkel Computer
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Nachtschicht Nachts dunkel Computer

Gesetzliches

Die deutschen Gesetze enthalten verschiedene Regelungen zu Überstunden. Sie sind zum Beispiel nur dann zulässig und verpflichtend, wenn sie auch im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung des jeweiligen Unternehmens erwähnt und geregelt sind. Gibt es keine schriftliche Regelung, kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer nicht zu Mehrarbeit verpflichten. Der Arbeitnehmer kann dann also theoretisch ablehnen, ohne dass ihm Konsequenzen drohen.

Eine Ausnahmeregelung dazu gibt es jedoch im Falle von Notfällen oder Katastrophen. Wenn also zum Beispiel ein Brand oder eine Überschwemmung einen unvorhergesehenen Mehreinsatz nötig machen, können alle Mitarbeiter herangezogen werden. Notfälle sind aber nicht ganz so streng definiert. Die meisten Richter und Rechtsanwälte sehen auch weniger dramatische Ereignisse durchaus als Notfall an. Eine kleinere Krise wie zum Beispiel der Ausfall des Servers oder auch die Tatsache, dass drei von vier Arbeitnehmern in einer Abteilung auf einmal krank geworden sind, rechtfertigen vor Gericht meistens auch die eine oder andere Überstunde, die der Arbeitnehmer nicht ablehnen kann. Wenn im Arbeitsvertrag jedoch eine explizite Überstundenregelung enthalten ist, dann steckt diese Regelung die Rahmenbedingungen ab.

Gibt es einen Betriebsrat im Unternehmen, so muss dieser zumindest theoretisch jeder einzelnen Überstunde zustimmen. Dies gilt vor allem dann, wenn diese am Wochenende verlangt werden und es sich um einen Betrieb handelt, an dem Wochenendarbeit nicht üblich ist. Das Gesetz ist besonders streng mit Mehrarbeit, die an Sonntagen und Feiertagen geleistet werden soll. Diese muss gut begründet und natürlich auch dementsprechend entlohnt werden.  

Sonnenuntergang Sonnenaufgang Nachtschicht Überstunden
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Sonnenuntergang Sonnenaufgang Nachtschicht Überstunden

Wie viel Mehrarbeit ist generell erlaubt?

Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, einen Blick ins Arbeitszeitgesetz zu werfen. Es besagt, dass Arbeitnehmer von Montag bis Samstag jeden Tag acht Stunden arbeiten dürfen. Das Maximum liegt also bei 48 Stunden pro Woche. Zu einer normalen 40-Stunden Woche können also laut Gesetz maximal acht Überstunden dazu kommen. In Ausnahmefälle und nur über einen besonders kurzen Zeitraum dürfen bis zu 60 Stunden pro Woche geleistet werden. In diesem Fall muss jedoch zeitnah ein entsprechender Ausgleich in Form von Freizeit erfolgen. Im Rahmen dieser Regelung ist es auch möglich, am Tag bis zu zehn Stunden zu arbeiten.

Die Stunden, die auf diese Weise angehäuft werden, müssen laut Arbeitszeitgesetz allerdings innerhalb von sechs Monaten wieder ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich muss in Freizeit erfolgen. Die Frist von sechs Monaten gilt immer dann, wenn es keinen Tarifvertrag gibt, der andere Fristen für den Ausgleich vorgibt. Arbeitnehmer, die noch nicht 18 Jahre alt sind oder sich noch in der Ausbildung befinden, dürfen generell nicht mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten.

Neben der Möglichkeit des Freizeitausgleichs gibt es aber auch noch die Variante, dass der Mehraufwand vergütet wird. Meist regeln Tarifverträge die verschiedenen Optionen, also in wieweit Mehrarbeit in Form von Freizeit ausgeglichen oder vergütet werden kann. In einem Arbeitsvertrag findet sich normalerweise ebenfalls eine Klausel, die diese Fragen beantwortet, besonders dann, wenn es keinen Tarifvertrag gibt.

Wenn jedoch nichts im Arbeitsvertrag steht und es keinen Tarifvertrag gibt, dann bedeutet das nicht, dass die Mehrarbeit generell nicht bezahlt wird. Bei besonders gut bezahlten Stellen kommt es vor, dass der Arbeitsvertrag eine Klausel enthält, die besagt, dass mit dem großzügig bemessenen Gehalt Mehrarbeit in einem gewissen Maße bereits abgegolten ist. Dies ist zulässig, jedoch auch nur bis zu einem gewissen Maß, über das sich streiten lässt.

Welche Vor- und Nachteile bringen Überstunden mit sich?

Zu den Nachteilen von Mehrarbeit gehört definitiv, dass Arbeitnehmer weniger Freizeit haben, sich also weniger ausruhen oder einen Ausgleich verschaffen können. Auf Dauer kann dies zu psychischen Belastungen führen. Eine Überstunde an sich ist nicht dramatisch, wenn sie aber jeden Tag ansteht und zur Regel wird, fragen sich viele Arbeitnehmer, warum der Chef nicht einfach noch jemanden einstellt. Zu hohe Arbeitsbelastung kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, wenn sie zum Dauerzustand wird.

Ein Vorteil von Überstunden ist, dass sie es dem Betrieb ermöglichen, kurzzeitige Spitzen in der Belastung mit dem bestehenden Personal meistern zu können, ohne Kurzzeitverträge abschließen zu müssen. Als Vorteil für den Arbeitnehmer ist zu nennen, dass jede Überstunde entweder mit 1,5 Stunden Freizeit vergolten wird oder eben bezahlt wird und zwar besser als eine normale Arbeitsstunde. Für viele Arbeitnehmer sind diese Stunden am Ende des Monats ein wichtiges Element auf ihrem Lohnzettel.

Überstunden Nachtschicht Arbeit Nachts Dunkel
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Überstunden Nachtschicht Arbeit Nachts Dunkel

Fazit

Wenn Überstunden also in Absprache zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geleistet werden und ordentlich abgefeiert oder entlohnt werden, spricht nichts gegen zeitlich begrenzte Perioden von Mehrbelastung. Wichtig ist die Kommunikation zwischen beiden Parteien und natürlich auch die entsprechende Honorierung der geleisteten Mehrstunden. Entsteht ein gesundes Gleichgewicht, sind die zusätzlich geleisteten Stunden nicht nur lästig, sondern einerseits ein Mittel zur Gehaltsaufbesserung und andererseits ein Weg, um dem Betrieb zu zeigen, dass man motiviert ist und ihn unterstützt.