Streik bei der Bahn
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Streik bei der Bahn
Das gilt bei dir!

Streikrecht in verschiedenen Branchen

In Zeiten von Streiks in Bahnverkehr oder öffentlichem Dienst fragst du dich, wie es um das Streikrecht in deiner Branche steht? Wir haben die Antwort!

Das Streikrecht in Deutschland ist ein fundamentaler Bestandteil des Arbeitsrechts und spielt eine zentrale Rolle in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gewerkschaften. Hier sind die wesentlichen Grundlagen:

Transparente bei einer Demo
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Transparente bei einer Demo

Grundlagen des Streikrechts

  • Verfassungsrechtliche Verankerung: Das Streikrecht in Deutschland ist im Grundgesetz verankert, insbesondere in Artikel 9 Absatz 3. Dieser Artikel gewährleistet die Koalitionsfreiheit, also das Recht, Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten. Das Streikrecht wird als Teil dieser Koalitionsfreiheit verstanden, obwohl es im Grundgesetz nicht explizit genannt wird.
  • Rolle der Gewerkschaften: Gewerkschaften spielen eine zentrale Rolle im deutschen Streikrecht. Sie organisieren und führen Streiks, um die Interessen ihrer Mitglieder, wie bessere Arbeitsbedingungen oder höhere Löhne, durchzusetzen. In Deutschland ist es üblich, dass Gewerkschaften die Streiks leiten und koordinieren, was bedeutet, dass sogenannte "wilde Streiks" (nicht von Gewerkschaften geführte Streiks) als illegal angesehen werden. Allerdings dürfen auch Arbeitnehmende der gleichen Branche, die nicht in den streikenden Gewerkschaften tätig sind, die Arbeit niederlegen. Allerdings erhalten sie dafür dann weder Streikgeld noch Rechtsschutz.
  • Tarifautonomie: Ein wesentliches Element des deutschen Arbeitsrechts ist die Tarifautonomie. Das bedeutet, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände autonom Tarifverträge aushandeln können. Diese Tarifverträge regeln Löhne, Arbeitszeiten und andere Arbeitsbedingungen und sind für die darin genannten Parteien verbindlich.
  • Friedenspflicht: Während der Laufzeit eines Tarifvertrags besteht in der Regel eine Friedenspflicht, was bedeutet, dass während dieser Zeit keine Streiks bezüglich der im Tarifvertrag geregelten Angelegenheiten stattfinden dürfen. Streiks sind somit hauptsächlich während der Tarifverhandlungen oder nach Ablauf eines Tarifvertrages zulässig.
  • Verhältnismäßigkeit: Streiks müssen immer verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass die Gewerkschaften sicherstellen müssen, dass ein Streik das letzte Mittel ist (Ultima Ratio) und dass der Umfang und die Dauer des Streiks angemessen sind.
  • Rechtsschutz für Streikende: Arbeitnehmer, die an einem rechtmäßigen Streik teilnehmen, sind vor Kündigung geschützt. Allerdings erhalten sie für die Dauer des Streiks in der Regel kein Gehalt von ihrem Arbeitgeber, sondern eine Streikunterstützung von der Gewerkschaft.

Diese Grundlagen bilden das Gerüst des Streikrechts in Deutschland und spiegeln die Balance zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die wichtige Rolle der Gewerkschaften im deutschen Arbeitsrechtssystem wider.

Branchen, in denen gestreikt werden kann

Grundsätzlich kann in zahlreichen Branchen gestreikt werden – nämlich in aller Regel dort, wo ein gewerkschaftlich vereinbarter Tarifvertrag das Einkommen, die Arbeitszeiten und andere Aspekte der beruflichen Tätigkeit regelt. Zählt deine (anvisierte) Branche auch dazu? Hier haben wir dir eine Liste mit unterschiedlichen Branchen zusammengestellt, in denen gestreikt werden kann:

  • Öffentlicher Dienst: Hier sind Streiks ein wichtiges Mittel für die Arbeitnehmer, um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter zu fordern. Dazu zählen Bereiche wie Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen.
  • Industrie und Produktion: In diesen Sektoren, einschließlich Automobilindustrie, Maschinenbau und Chemieindustrie, sind Streiks häufig, besonders bei Tarifverhandlungen.
  • Einzelhandel und Großhandel: Angestellte in Geschäften und Supermärkten nutzen Streiks, um für faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
  • Verkehr und Logistik: Dies umfasst Bahn-, Flug- und Nahverkehr, wo Streiks oft eingesetzt werden, um auf die Belange der Beschäftigten aufmerksam zu machen. Besonders groß angelegte Streiks des Bahnpersonals landen aufgrund der umfassenden Auswirkungen auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr in Deutschland immer wieder in den Schlagzeilen.
  • Gesundheitswesen und Sozialdienste: Pflegekräfte und medizinisches Personal nutzen das Streikrecht, um auf die oft angespannten Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen hinzuweisen.
  • Bauwesen: In der Baubranche werden Streiks genutzt, um beispielsweise für sichere Arbeitsbedingungen oder faire Löhne zu kämpfen.
  • Bildungswesen: Lehrende und wissenschaftliches Personal an Schulen und Universitäten setzen Streiks ein, um auf Themen wie Bildungsförderung oder Arbeitsbelastung aufmerksam zu machen.
  • Medien und Kultur: Journalisten, Künstler und andere Kulturschaffende streiken gelegentlich für bessere Vertragsbedingungen. Erst 2023 machte etwa der mehrere Monate andauernde Streik der SAG (Screen Actors' Guild) in den Vereinigten Staaten Schlagzeilen.
  • Gastronomie und Tourismus: Angestellte in Hotels, Restaurants und im Tourismussektor streiken für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne. 
geschlossen Schild
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geschlossen Schild

Wer darf nicht streiken?

In Deutschland gibt es bestimmte Gruppen, die entweder gar nicht oder nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen streiken dürfen. Dies liegt an der besonderen Natur ihrer Arbeit, die oft mit grundlegenden öffentlichen Interessen verbunden ist. Beachte das also bei deiner Karriereplanung!

  • Beamte und vergleichbare Statusgruppen: Beamte dürfen in Deutschland nicht streiken. Dies ergibt sich aus ihrem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Dieses Verbot gilt z. B. für Soldaten. Sie sind Teil der öffentlichen Verwaltung bzw. der Streitkräfte und haben besondere Pflichten (sogenannte hoheitliche Aufgaben), die ein Streikrecht ausschließen. Allerdings können Beamte in ihrer Freizeit ihre streikenden Kolleginnen und Kollegen unterstützen.
  • Kirchenangestellte: Die Angestellten von Kirchen dürfen nicht bzw. seit einigen Jahren nur sehr eingeschränkt streiken. Dies ergibt sich aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.
  • Lehrer und bestimmte Angestellte im öffentlichen Dienst: Ob Lehrer und bestimmte Angestellte im öffentlichen Dienst streiken dürfen, hängt von ihrem Status ab. Angestellte Lehrer dürfen streiken, verbeamtete Lehrer jedoch nicht, da sie den gleichen Restriktionen wie andere Beamte unterliegen. Ob auch verbeamtete Lehrer streiken dürfen, ist in der Gesellschaft immer wieder Thema, wurde aber von den Gerichten bisher stets abgelehnt. Grund ist, dass so eine Zweiklassengesellschaft unter Beamten geschaffen werden würde.

Fazit

Das Streiken ist nichts, was du tun kannst, wenn du gerade einen besonders langweiligen Job hast, sondern unterliegt strengen Regeln. Strebst du eine Beamtenlaufbahn an, sieht es mit dem Streikrecht ohnehin eher schlecht aus. In vielen anderen Wirtschaftszweigen gibt es dagegen Gewerkschaften, die für die Rechte der Arbeitnehmer kämpfen. Dies können Gewerkschaften speziell für einzelne Berufsgruppen (z. B. GDL/Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) oder allgemeinere Gewerkschaften (ver.di, IG Metall), die Arbeitnehmer aus verschiedenen Branchen vertreten, sein.