Frau mit Geldfächer
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Frau mit Geldfächer
Das sagt das Arbeitsrecht dazu

Über das Gehalt spricht man nicht – oder?

Darfst du mit deinem Team über das Gehalt reden? Viele Arbeitsverträge behaupten etwas anderes, doch ist diese Klausel gültig? Hier mehr erfahren!

Wenn du dein Vertragswerk aufmerksam gelesen hast, wirst du darin eventuell eine Klausel gefunden haben, die dir verbietet, mit deinen Kolleginnen und Kollegen über dein bzw. ihr Gehalt zu reden. Das liebe Geld ist hierzulande immer noch eines der am weitesten verbreiteten Tabuthemen. Fakt ist: Diese Klausel gehört vor allem in älteren Arbeitsverträgen praktisch zum Inventar. Hast du dich schon einmal gefragt, ob diese Klausel rechtens und wirksam ist? Wenn ja, haben wir die Antwort für dich!

Brennende Geldscheine
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Brennende Geldscheine

Darf ich im Kollegenkreis über das Gehalt reden?

Die wichtigste Nachricht zuerst: Ja, du darfst im Kreise deiner Kollegen über dein Gehalt reden. Klauseln, die dir das verbieten wollen, sind seit über zehn Jahren nicht mehr gültig – und zwar auf Grundlage eines Urteils des Arbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az.: 2 Sa 237/09). Grund ist, dass du als im Betrieb beschäftigte Person so überprüfen kannst, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Lohnhöhe eingehalten wird. Wirst du aufgrund eines Verstoßes gegen eine solche Klausel abgemahnt oder gekündigt, sind diese Maßnahmen ungültig. (Einen neuen Arbeitgeber solltest du dir wahrscheinlich trotzdem suchen.)

Für Frauen gibt es seit 2017 sogar das sogenannte Entgelttransparenzgesetz, welches das Vorgehen gegen Lohndiskriminierung erleichtern soll.

Wichtig zum Gleichbehandlungsgrundsatz: Natürlich geben wir keine Rechtsberatung, dennoch können wir dir hier einige interessante Punkte auf den Weg geben. Einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsbesetz nachzuweisen, kann schwierig sein, denn nur weil du für die gleiche Arbeit mehr oder weniger Geld als deine Kollegen bekommst, ist das noch lange kein Rechtsbruch. Für einen solchen müssen willkürliche Gründe vorliegen, nach denen jemand bewusst schlechter gestellt wird. Auch die bewusste Besserstellung von Einzelpersonen ist häufig kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. 

Entsprechend gilt auch nicht unbedingt der viel zitierte Grundsatz vom “gleichen Lohn für gleiche Arbeit” – wenn du erst seit kurzer Zeit im Unternehmen bist oder bei der letzten Gehaltsrunde schlechter verhandelt hast, ist der Arbeitgeber berechtigt, dir im Einzelfall weniger Geld zu bezahlen. Erst, wenn eine Diskriminierung vorliegt, wenn also beispielsweise Frauen, Ältere oder Menschen mit Migrationshintergrund systematisch weniger Geld erhalten, muss eine Lohnanpassung nach oben vorgenommen werden. Auch Leiharbeitnehmer können gegenüber direkt im Betrieb angestellten Personen schlechter bezahlt werden.

Moderatorin zählt Geld
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Moderatorin zählt Geld

Welche Klauseln in Arbeitsverträgen sind ebenfalls ungültig?

Es gibt verschiedene Klauseln in Arbeitsverträgen, die über die Jahre ihre Zulässigkeit verloren haben. Darunter fallen:

  • Allgemeine Überstunden-Klausel: Steht in der Klausel für Überstunden weder, wie viele Überstunden geleistet bzw. abgegolten werden können, noch ein Zeitraum für die Überstunden, wird der Arbeitnehmer dadurch unangemessen benachteiligt. Findet sich eine solche, allgemeine Klausel im Vertrag, ist sie wahrscheinlich ungültig und du hast Anspruch auf zusätzliche Entlohnung oder Freizeitausgleich. Eine genauere Regelung zu Überstunden – etwa, wie viele Überstunden pro Monat pauschal mit dem Bruttoentgelt abgegolten sind – wäre dagegen gültig (Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Az: 5 AZR 331/11), solange ein übliches Maß an Überstunden (etwa 40) pro Monat nicht überschritten wird.
  • Zu kurze Ausschlussfristen: Ausschlussfristen für Ansprüche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind wie Vertragsstrafen zulässig, dürfen aber eine gewisse Dauer nicht unterschreiten. Als Faustregel gelten in diesem Fall etwa drei Monate (BAG, Az: 5 AZR 52/05). Ist die Frist zu kurz, greift die mit drei Jahren längere Frist aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).
  • Allgemeiner Widerrufsvorbehalt: Ein allgemein gehaltener Widerrufsvorbehalt betrifft häufig Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Boni. Das Problem: Durch den jederzeit möglichen Widerruf könnte die Unternehmensführung nach Gutdünken entscheiden, ob diese Zahlungen durchgeführt werden. Damit ein Widerrufsvorbehalt gültig ist, muss er nach einem Urteil des BAG (Az.: 5 AZR 721/05) bestimmte Voraussetzungen enthalten – dass Zusatzleistungen gestrichen werden, ist nicht in jedem Fall rechtens.
  • Übertrieben hohe Vertragsstrafen: Vertragsstrafen an sich sind in Arbeitsverträgen zulässig, etwa bei vertragswidrigem Beenden des Arbeitsverhältnisses. Ein Bruttomonatsgehalt sollte diese Art von Klauseln jedoch nicht übersteigen. Wird die Stelle nicht angetreten, darf die Strafe nicht höher sein als der Betrag, den die fragliche Person bei einer sofortigen Entlassung erhalten hätte. Unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist wäre das die Vergütung für zwei Wochen, also etwa ein halbes Monatsgehalt.

Auch Klauseln zur Versetzung von Arbeitskräften können ungültig sein, wenn sie bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Ein Schwangerschaftsverbot ist ebenfalls nicht rechtens. Viele Arbeitnehmer sichern sich zudem durch eine sogenannte salvatorische Klausel ab, die aussagt, dass der Rest des Arbeitsvertrags auch dann seine Gültigkeit behält, wenn einzelne Teile “unwirksam oder undurchführbar” sind. Das ist jedoch für den Arbeitgeber kein unbegrenzt nutzbarer Joker: Gibt es Unstimmigkeiten über einzelne Klauseln oder den Arbeitsvertrag im Gesamten, obliegt die Entscheidung über die Gültigkeit einem Arbeitsgericht. Wird eine Klausel für ungültig erklärt, greift an ihrer Stelle in der Regel das normale Arbeitsrecht.

Fazit

In Arbeitsverträgen verstecken sich häufig ungültige Klauseln – entweder, weil alte Vorlagen nicht angepasst wurden oder weil Arbeitgeber darauf setzen, dass sich ihre Angestellten blind an die darin enthaltenen Regelungen halten. Es gibt verschiedene Beispiele, die dir zeigen, dass nicht alles, was im Arbeitsvertrag steht, verpflichtend ist bzw. dem geltenden Recht entspricht. Nimm dir die Zeit, deinen aktuellen oder (beim Arbeitgeberwechsel) deinen nächsten Vertrag sorgfältig zu prüfen, um mögliche Vertragsfallen zu finden!