Wenn der Chef die Zusatzleistungen streicht
Oftmals bieten Arbeitgebern Benefits an. Aber wie sieht es aus, wenn diese wieder gestrichen werden sollen? Erfahre hier mehr zu diesem Thema.
Oftmals bieten Arbeitgebern Benefits an. Aber wie sieht es aus, wenn diese wieder gestrichen werden sollen? Erfahre hier mehr zu diesem Thema.
Viele Unternehmen bieten Ihren Arbeitnehmern diverse freiwillige monetäre Zusatzleistungen an. Jobticket, Privatnutzung des Dienstwagens, Weihnachtsgeld oder ein Bonus. Kann das Unternehmen diese Leistungen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einfach wie
Hat ein Unternehmen einen Betriebsrat, werden Zusatzleistungen im Normalfall mit einer Betriebsvereinbarung festgehalten. In dieser ist genau definiert, aus welchen Gründen und unter welchen Voraussetzungen diese Zusatzleistung reduziert oder gestrichen werden kann. Steht zu diesem Thema nichts Genaues in der Vereinbarung, kann die Zusatzleistung durch das Kündigen dieser Betriebsvereinbarung eingestellt werden. Das hängt aber davon ab, welche freiwillige monetäre Zusatzleistungen es sind und wie diese Leistungen eingeführt wurden.
Ohne Mitbestimmungsgremium kann das Unternehmen auch einzelne Vereinbarungen mit Angestellten abschließen. Eine weitere Möglichkeit wäre, eine Gesamtzusage zu machen. Hier wird betriebsöffentlich bekanntgegeben, dass bestimmte zusätzliche Leistungen erbracht werden sollen. Wichtig ist, Vorbehalte und Einschränkungen zu integrieren, beispielsweise einen Widerrufsvorbehalt, Änderungsvorbehalt oder ein Freiwilligkeitsvorbehalt. Der Arbeitgeber kann auch direkt einen festen Zeitraum festlegen, in dem diese Zusatzleistung erbracht wird.
Es wird zwischen deinem eigentlichen Gehalt und anderen Zahlungen differenziert. Dein Gehalt erhältst du für deine Arbeitsleistung und die weiteren Zahlungen erhältst du zusätzlich. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig. Dein Gehalt im engeren Sinne, das du für deine Arbeitsleistung im Unternehmen erhältst, kann der Arbeitgeber nicht einfach streichen – nicht für die Zukunft und schon gar nicht für die Vergangenheit. Rechtlich kann der Arbeitgeber das kaum durchsetzen. Verspricht dir dein Arbeitgeber beispielsweise zum Jahresbeginn einen Bonus für die Erreichung eines bestimmten Ziels und du triffst dieses Ziel, kann er diesen nicht einfach mit der Aussage verwehren, dass es ein freiwilliger Bonus ist. So einfach ist das zum Glück nicht.
Dagegen sind Unternehmen bei anderen Zahlungen, die auf dein Gehalt on top kommen, freier. In Zusatzvereinbarungen oder Arbeitsverträgen gibt es oft einen Freiwilligkeitsvorbehalt, wenn es um Zusatzleistungen geht. Fitnessstudio-Mitgliedschaft, Kita-Zuschuss oder Jobticket sind oft freiwillige oder widerrufliche Zusatzleistungen des Arbeitgebers. Mit diesen Vorbehalten soll verhindert werden, dass ein rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf diese zusätzliche Leistung entsteht oder dieser zumindest widerrufen werden kann.
Unternehmen versuchen sich oft, mit den Zusätzen freiwillig oder ohne Rechtsanspruch in Verträgen abzusichern. Das klappt aber nicht bei allem. Wenn es zum Beispiel um dein Gehalt im engeren Sinne geht, kann ein Unternehmen nicht einfach einen Freiwilligkeitsvorbehalt hinzufügen – zum Glück. Bei allen Zusatzleistungen muss der Arbeitgeber darauf achten, dass eine korrekte Form und Formulierung in den Verträgen vorliegt. Beispielsweise "freiwillig und jederzeit widerruflich" ist hier irreführend und nicht transparent, weil nicht deutlich wird, ob nun der Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalt gemeint ist. Außerdem wird es schwierig, wenn woanders im Vertrag auf einen Rechtsanspruch auf die Zusatzleistung durch eine Formulierung hingedeutet wird. Das ist widersprüchlich zum Freiwilligkeitsvorbehalt, der vielleicht an einer anderen Stelle eingebaut wurde. Du siehst, die Anforderungen an einen Vertrag sind hoch und die Formulierungen müssen nicht nur korrekt, sondern auch eindeutig sein.
Bei Kita-Zuschuss, Weihnachtsgeld oder Fitnessstudio-Mitgliedschaft mit konkretem Freiwilligkeitsvorbehalt wird deutlich kommuniziert, dass diese Zusatzleistungen freiwillig bleiben. Die Vorbehalte sind hier auf die bestimmte Leistung zugeschnitten und transparenter als allgemeine Regelungen. Pauschale Freiwilligkeitsvorbehalte sind hingegen oft rechtsunwirksam.
Hat das Unternehmen einen Betriebsrat, werden Essenszuschüsse, Jobticket etc. in einer Betriebsvereinbarung geregelt und es sind keine individuellen Verträge notwendig. Ohne Betriebsrat wird das Ganze auf individueller Ebene abgeklärt. Manche Unternehmen stellen ohne Regelung Getränke und Snacks kostenlos zur Verfügung. Hier kann es aber zu Problemen kommen, da aufgrund der wiederholten Handlung ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstehen kann. Deshalb sollten alle Zusatzleistungen vertraglich geregelt sein.
Auch wenn es vom Arbeitgeber nett gemeint ist, kann es später für ihn durch diese wiederholten Handlungen Probleme geben. Es können Ansprüche der Angestellten auf die Zusatzleistungen entstehen, wenn in einem bestimmten Zeitraum Leistungen wiederholt angeboten werden. Diese betriebliche Übung wird von der Rechtsprechung so verstanden, dass der Arbeitgeber plant, diese Leistung auf Dauer zu gewähren. Vielen Unternehmen ist das nicht klar. Es wird ihnen erst bewusst, wenn sie die Leistungen wieder streichen möchten und es nicht oder nur mit vielen Konflikten geht. Für den Arbeitgeber ist es sehr schwer, da wieder herauszukommen.
Bevor ein Arbeitgeber Leistungen gewährt, sollte er sich aus diesem Grund über die rechtswirksamen Flexibilisierungsmöglichkeiten und rechtmäßige Einführung umfassend informieren. Sind vertragliche Ansprüche erst einmal entstanden, ist es sehr kompliziert, aus dieser Sackgasse herauszufinden.
Beim Freiwilligkeitsvorbehalt soll von Beginn an verhindert werden, dass ein Anspruch entsteht. Bei einem Widerrufsvorbehalt ist das anders. Hier hat der Arbeitnehmer zunächst einen vertraglich festgehaltenen, rechtlichen Anspruch auf beispielsweise Sonderzahlungen oder andere Leistungen. Aber der Arbeitgeber behält sich hier vor, den Anspruch durch einen Widerruf zu streichen.
Im Vertrag muss der Widerruf aber an konkrete sachliche Anlässe geknüpft sein. Hierzu zählt zum Beispiel eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens. Zusätzlich muss der Teil der Vergütung, der widerruflich ist, unterhalb von 25 % der Gesamtvergütung bleiben. Das bedeutet, dass auch nach der Ausübung des Widerrufsrechts der Arbeitgeber nicht komplett befreit ist. Bei diesem Thema spielt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz eine entscheidende Rolle. Ohne sachliche Gründe kann der Arbeitgeber deshalb das Widerrufsrecht bei Mitarbeitergruppen nicht verschieden ausüben.
Geht es um Zusatzleistungen, haben Unternehmen diverse Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist aber wichtig, dass Form und Formulierung in den Verträgen rechtlich korrekt und transparent sind. Ist erst einmal ein Anspruch entstanden, ist er ohne einen rechtswirksamen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt, nicht so einfach wieder zu streichen.